Geisterfänger Nr. 1: Das lautlose Grauen

Geisterfänger Nr. 1: Das lautlose Grauen


Dorothy Plymers hatte Angst. Das zwanzigjährige junge Mädchen beschleunigte seine Schritte, die dumpf auf dem Kopfsteinpflaster widerhallten. Wallende Nebelschwaden hüllten Dorothy ein. Die Lichter der Straßenlaternen kämpften einen aussichtslosen Kampf gegen den Nebel, der sich schon seit Tagen wie ein Leichentuch über London gelegt hatte. Irgendwo jaulte ein Hund. Dorothy stockte mitten im Schritt und holte tief Luft. Vergebens versuchte sie ihren schnellgehenden Atem unter Kontrolle zu bekommen. Sie stellte den Mantelkragen hoch. In ihrem ovalen Gesicht, mit den blauen Augen und den vollen Lippen, zuckte es nervös. Die Straße vor ihr war menschenleer. Kein Geräusch drang an die Ohren des jungen Mädchens, durch dessen Körper jetzt ein Ruck ging. Unsicher setzte es seinen Weg fort. "Warum habe ich kein Taxi genommen?" murmelte Dorothy. Doch daran war nun nichts mehr zu ändern. Sie hoffte, die fünfhundert Meter bis zu ihrem kleinen Haus wohlbehalten zurücklegen zu können. Bald würden die ersten Siedlungshäuser aus der grauen Nebelflut auftauchen. Sie dachte an Clayde Hanson, ihren Verlobten, der sie bereits erwartete und bestimmt schimpfen würde, daß sie den Rest ihres Weges zu Fuß zurückgelegt hatte. Der Nebel schien jetzt noch dichter zu werden. Dorothy konnte kaum zwei Meter weit sehen, mußte sehr darauf achten, ihren Weg nicht zu verfehlen. Plötzlich vernahm das junge Mädchen tappende Schritte hinter sich. Für einen Augenblick lang erstarrte Dorothy, dann rannte sie mit jagenden Pulsen los. Sie kam vom Gehweg ab, stolperte über den Bordstein und schlug schwer am Boden auf. Ein gellender Schrei brach von ihren zuckenden Lippen. Stöhnend taumelte sie wieder auf die Beine. Wie ein gehetztes Tier sah sie sich nach allen Seiten um.


von John Blood, erschienen am 07.03.2006

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
In London geht ein dämonischer Greis um, der allein durch Berührung jungen Menschen das Leben aussaugt, um sich zu verjüngen. Percy Collins und Jeff Winter sollen den Fall übernehmen. Bald müssen sie erkennen, dass die Opfer ihrerseits zu Untoten werden, die das Heer der Seelensauger immer mehr vergrößern, in dem sie wie der erste Dämon ihre Opfer einfach berühren. Doch dem Greis geht es nicht nur um die bloße Lebensenergie seiner Opfer. Hinter den Vorfällen steckt ein uralter Dämon, der vor Urzeiten verbannt wurde und nun den Weg zurück auf die Erde sucht, um dort Chaos und Schrecken zu verbreiten ...


Meinung:
Mit "Das lautlose Grauen" beweist der Kelter-Verlag viel Mut, in dem er in diesen unsicheren Zeiten eine Horror-Heftromanreihe startet. Wahrscheinlich rechnet sich der Verlag aber auch gewisse Chancen aus, da der Markt bis auf "John Sinclair" und "Professor Zamorra", zumindest auf dem Gebiet des gepflegten Gruselns seit geraumer Zeit brach liegt. Doch leider wird die Hoffnung auf eine neue abwechslungsreiche Reihe jäh zerstört. Denn der Verlag hat es sich wieder sehr einfach gemacht und kramte lediglich alte Klamotten aus der Geister-Krimi-Kiste heraus. Nur wirken die Romane nach 25 Jahren noch antiquierter und angestaubter als damals schon. Vorteil der Geister-Krimis war allerdings, dass diese wenigstens zum größten Teil recht ansprechende Titelbilder hatten. Was dem Kunden auf der "neuen" Reihe präsentiert wird grenzt an Körperverletzung. Doch damit nicht genug; man hat sich darüber hinaus noch nicht mal die Mühe gemacht die Hefte mit den Geisterjägern Percy Collins und Jeff Winter chronologisch zu veröffentlichen. Und das bei gerade mal neun erschienenen Romanen, der vorliegende ist übrigens der Letzte gewesen. Und das quasi in doppelter Hinsicht, womit wir zum Inhalt kämen. Der Anfang beginnt noch recht vielversprechend, auch wenn die Idee des seelensaugenden Dämons alles andere als neu ist. Bei der Erstveröffentlichung 1979 dürfte das freilich noch anders gewesen sein, aber um heute jemand hinter dem Ofen hervorzulocken, bedarf es schon mehr. Die Figuren bleiben allesamt blass und farblos, da sich der Autor, wie auch der Großteil seiner Kollegen, die für den Kelter-Verlag Gruselromane schrieben, nicht die Mühe machte die Darsteller entsprechend zu charakterisieren. Auch die Handlung besteht nur aus einer Aneinanderreihung von Aktionen, ohne dass eine erkennbare Reflektion Spannung erzeugen könnte. Spätestens als die Armee der Untoten die dreistellige Zahl erreicht, wird der Roman unglaubwürdig (wenn das bei einem Gruselroman überhaupt noch möglich ist). Das Finale ist konfus, wirr, undurchdacht und lieblos heruntergeschrieben worden. Da es scheinbar anstrengend ist den Helden nachdenken zu lassen und einen schlüssigen Kampf zu schildern, wird dem Protagonisten eine allmächtige Waffe gegeben. Meine Empfehlung: Zeit und Geld können sinnvoller investiert werden.


Besonderheiten:
Dieser Roman erschien zum ersten Mal im Jahr 1979 als Geister-Krimi Band 256.
Hinter dem Pseudonym John Blood verbirgt sich der 1941 geborene Autor Jürgen Duensing, der unter dem Pseudonym Terence Brown 4 Gespenster-Krimis veröffentlichte, als Robert Lamont auch einige Zamorra-Abenteuer verfasste und als Marcos Mongo zwei Beiträge für den Silber-Grusel-Krimi schrieb.


0 von 5 möglichen Kreuzen:
0 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Dies ist so ziemlich das grausigste Bild von Christopher Lee, dass man sich aussuchen konnte. Mal abgesehen davon, dass Fotos allgemein sehr einfallslos sind, ist dieses gerade zu eine Zumutung. Wenn ich Christopher Lee wäre, würde ich Schadenersatz verlangen.


Coverbewertung:
0 Kreuze