Geisterfänger Nr. 11: Der Lord verlor im teuflischen Spiel

Geisterfänger Nr. 11: Der Lord verlor im teuflischen Spiel


Ein merkwürdiges Land, das Land meiner Väter, dachte Edgar Mullingbrook. Bei strahlendem Sonnenschein war er in Edinburgh weggefahren, jetzt goß es in Strömen. Eine graue Wolkendecke schien die grünen Hügel erdrücken zu wollen. Und nirgendwo ein Mensch, den er nach dem Weg fragen konnte. Als kleiner Junge war er mit seinem Großvater einmal hiergewesen, aber die Eindrücke von damals, die haftengeblieben waren, halfen ihm überhaupt nicht weiter. So erinnerte er sich genau an einen Schäfer mit einer Hakennase, brandroten Haaren und hellgrauem Umhang, der auf einen gekrümmten Stab gestützt am Straßenrand gestanden hatte, als sein Großvater ausrief: "Siehst du den fünfzackigen Hügelkamm da vorn? Wir sind gleich dort." Zwei Schwäne auf einem Dorfteich tauchten in seiner Erinnerung auf, Ruderboote, die über irgendeinen See zogen, aber nichts wichtiges, das ihm jetzt hätte weiterhelfen können. Und obwohl er die Richtung eingeschlagen hatte, kam es ihm wie ein Wunder vor, als der fünfzackige Hügelkamm plötzlich von Sonnenstrahlen vergoldet unter der aufreißenden Wolkendecke dalag, einem Drachenrücken ähnlich. Was war damals weiter geschehen? Vergeblich zermartete Edgar Mullingbrook sein Gehirn, während er der schmalen Straße weiter folgte, die um den Zackenkamm herumführte. Und dann sah er es - Culver Castle, das Gemäuer, das ihm damals viel eindrucksvoller erschienen war. Es schien geschrumpft zu sein. Oder lag es daran, daß er gewachsen war? Vielleicht auch hatte ihm die Erinnerung ein imposanteres Bild vorgegaukelt. Culver Castle war mehr ein Schlößchen als eine respektgebietenden Burg, ein quadratischer Bau mit vier kurzen Türmen, ohne architektonische Schönheit, lieblos in die Landschaft gesetzt.


von Phyllis Cocker, erschienen am 25.07.2006

Ein Zusatzhinweis zu dem Titelbild kommt von Thomas Birker, sowie von Michael Schick:
Das Titelbild des Geisterfänger Romans Nr. 11 stammt ursprünglich vom Tony Ballard Roman Nr. 21:

Tony Ballard Nr. 21: Die Totenuhr