Coldwind Castle 02.02.2004 /18:00 Uhr
Das breite Tor der Burg schwang auf, noch während sich ihm der Van
näherte. Die Räder holperten über eine Zugbrücke. Die
Sonne war fast untergegangen. Doch noch leuchtete der Himmel in einem tiefen,
nahezu unheimlichen Rot. Aufregung erfasste mich. Der Wagen rumpelte auf
den Hof von Coldwind Castle. Hinter uns schloss sich das Tor wieder. Neugierig
besah ich mir die Mauern. Alter, verwitterter Stein, unterbrochen von schmalen
Fenstern. Fackeln brannten in gusseisernen Haltern. Wir sind da, Jaqueline.
Spürst du die Anwesenheit all dieser mächtigen Vampire? Selbst
wenn du die Hallen des Hohen Rates betrittst, spürst du nicht diese
Konzentration an Kraft. Akiras Augen leuchteten in einem hellen Rot.
Sie schien freudig erregt, wieder auf der Burg zu sein. Stolz schwang in
ihrer Stimme mit. Ja, die Kraft der hier versammelten Vampire ist mir
bewusst. Sie sorgt für ein seltsames Kribbeln in meinem Körper.
Die Asiatin lachte. Das ist normal. Sie wissen, dass du kommst. Jeder
hier ist begierig darauf, die neue Großvampirin begrüßen
zu dürfen. Dir seine Gefolgschaft anzutragen. Du bist eine Fürstin
unserer Art. Die einzige Fürstin. Der Dunkle Orden des Blutes hofft
darauf, dass du ihn zu deinem Orden erwählst und nicht den Hohen Rat.
Wir werden sehen. Momentan ist mir nicht danach, diese mir vielleicht
zustehende Rolle einzunehmen. Du wirst keine andere Wahl haben,
Jaqueline. Die Dinge geraten ganz allmählich außer Kontrolle.
Doch das wirst du noch früh genug erleben. Unnötig, dich schon
jetzt darauf vorzubereiten. Die Türen des Vans gingen auf. Kalte
Luft wehte herein. Während Akira und ich ausstiegen, zerrten die
Männer Doktor Mengele aus dem Wagen. Saur wimmerte kurz, ergab sich
aber dann seinem Schicksal. Er wusste, dass er hier keine Milde zu erwarten
hatte. Von mir schon gar nicht. Die Gebäude des Gemäuers bildeten
ein U. Neben einem breiten Haupthaus gab es auch zwei Seitengebäude,
die nach vorne ragten und mit der Außenmauer abschlossen. Hinter einigen
Fenstern brannte Licht. Menschen. Ich kann sie ... wittern. Sind sie
hier beschäftigt oder ...? Akira lächelte. Sie arbeiten
für uns. Diener, aber auch Angestellte, die sich unter anderem um den
Schreibkram kümmern. Neben dem Vampirischen, das dem Orden anhaftet,
muss er auch verwaltet werden. Flugtickets buchen sich nicht alleine und
Autos fahren nicht von selbst zur Werkstatt. Feste wollen organisiert und
Aktionen vorbereitet sein. Klingt bürokratisch, lachte
ich. Akira nickte. Das ist bürokratisch. Dafür die Menschen.
Sie haben eh einen Hang zu Terminen, Formularen und all dem Mist. Sie leben
im B-Trakt. Das ist das Langhaus zu deiner Linken. Im rechten Flügel
dem A-Trakt befinden sich die Unterkünfte der meisten
Ordensmitglieder, im Haupthaus lebt und arbeitet die Führungsriege.
Zudem sind dort alle Funktionsräume untergebracht bis hin zum
Kerker. Dabei schenkte Akira dem zappelnden Saur einen bösen Blick.
Wieder wimmerte der Wissenschaftler leise, während ihn die beiden Vampire
derb zwischen sich herschleiften. Wir gingen auf eine breite Tür zu,
deren Holz mit kunstvollen Schnitzereien verziert war. Zudem konnte man noch
blasse Farben darauf erkennen. Das Wappen der Bayrons, wie mir schien. Auch
sie öffnete sich automatisch.