Jaqueline Berger Nr. 2: Der Mörder
Jaqueline Berger Nr. 2: Der Mörder


Der Laden war voll. So wie meist, wenn die Nachtschwärmer eine Pause brauchten und sich auch die Beschäftigten der Bordelle und Nightclubs, die Straßenschwalben und Stricher eine Auszeit nahmen. Buntes Treiben fern des Glitzerlichtes und der lockenden Neonreklamen, der Versprechen der Türsteher und Betteleien der Penner am Straßenrand. Linda und ich saßen etwas abseits an einem kleinen Tisch und nuckelten an unseren Bierflaschen. Vier Wochen waren vergangen, seit sie ihren Job gecancelt hatte, um bei mir einzusteigen. Vier Wochen, in denen absolut gar nichts geschehen war. Ihr Ausstieg bei der Polizei lag ebenso hinter ihr wie die Vertragsunterzeichnung bei ihrem neuen Arbeitgeber. Wieder war es die kühle Blonde gewesen, welche uns besucht hatte. Eine Sekretärin, wie wir vermuteten, und wahrscheinlich die einzige Person, die den Boss kannte. Erinnerte irgendwie an die Engel für Charlie. Nur dass dieser Bosley weiblich war und nicht männlich, wie in der Serie oder dem unsäglichen Remake neuesten Datums. Auch hatte diese Lady wenig gemein mit dem herzensguten Assistenten von Charlie. Sie war nicht herzensgut. Und wenn doch, so versteckte sie es. Wie bereits gesagt – vier Wochen waren vergangen. Vier Wochen, in denen Linda Zeit gefunden hatte, meine alten Akten zu studieren. Fälle, gelöst und nicht immer zu hundert Prozent positiv verlaufen. Detaillierte Beschreibungen über Todesfälle, Magie und Kontakte mit dem, was ich als die andere Seite bezeichne. Es erstaunte mich, wie gelassen sie all diese Dinge aufnahm, welche sich auf den vielen wunderschön bedruckten Seiten abspielten. Keine Gruselgeschichten, sondern bittere Realität. Keine von einem Autor ausgedachten Handlungen mit Protagonisten, welche beliebig sterben oder auferstehen konnten. Wenn in diesen Berichten ein Mensch zu Tode kam, so war er tot und echte Menschen trauerten um ihn. Eltern, Ehefrauen und Ehemänner. Keine wundersamen Heilungen und keine von Gott gesandten Helfer, die alles wieder ins Lot brachten. Nur Verlust, Schmerz und Trauer. Aber egal wie schrecklich die Dinge auch waren – Linda nahm es hin, schüttelte lediglich den Kopf. Was sie dachte, blieb ihr Geheimnis. In Ermangelung eines Büros spielte sich der tägliche Arbeitsalltag ohnehin in meinem Appartement ab. Linda kam, fuhr mit dem Aufzug hinauf und setzte sich auf den Balkon, um die Akten zu lesen. Ob dies ein Dauerzustand bleiben würde, wagte ich jedoch zu bezweifeln. Zum einen war meine Wohnung eben meine Wohnung. Nicht, dass ich Linda nicht gerne um mich gehabt hätte. Ganz im Gegenteil. Wir sahen viele Dinge ähnlich, und auch über den Beruf hinaus entwickelte sich eine Freundschaft. Doch darum ging es nicht. Meine Wohnung war meine Wohnung und es passte mir nicht, dieses Refugium mit dem Dienstlichen zu verquicken. Zwar hatte ich dies bisher auch getan, doch war dies ein anderes Thema. Als Einzelperson wäre es verrückt gewesen, ein Büro anzumieten. Ich konnte kommen und gehen, wann ich wollte, und ein Bericht tippte sich vor der Glotze und auf dem kleinen Notebook zehnmal besser als auf einem großen Rechner in einem Büro. Doch nun war Linda hinzugekommen. Wir würden einige Aufträge gemeinsam erledigen, andere jedoch auch getrennt. Sie hatte ihre Berichte, ihre Recherchen und ihre Zeiten, ich meine. Es passte nicht, wenn sich alles in meinem Appartement abspielte. Irgendwann musste auch mal Feierabend sein. Fraglich nur, ob unser Boss die Situation ähnlich einschätzte. Doch dies würde die Zeit bringen und übers Knie musste die Sache nun wirklich nicht gebrochen werden.


Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Jaqueline Berger erhält von ihrem unbekannten Auftraggeber eine Nachricht, die sie nach Würzburg/Deutschland fahren lässt. Angeblich läuft dort einiges schief. Durch ihren dort arbeitenden Freund und Kollegen Paul Metzler erfährt sie genaueres über eine Mordserie. Ein scheinbar Verrückter ermordet diverse Prostituierte und zwar ziemlich genau an den Tagen, an denen 2 Jahre zuvor ebenfalls Dirnen ermordet wurden. JB weiß mit diesen Terminen etwas anzufangen: an denen tötete einst Jack the Ripper seine Opfer. Handelt es sich hier um einen verrückten Verehrer des britischen Massenmörders? Auf jeden Fall ist dieser genaustens über die Handlungen von JB und der Polizei informiert und treibt ein tödliches Spiel mit ihnen. So bleibt Jaqueline nur, den Killer in eine Falle zu locken. Allerdings weiß sie nicht, dass ein wirklich großer Dämon hinter der Sache steckt, der nicht mal eben überrumpelt werden kann!


Meinung:
Der zweite Band um die Sonderermittlerin Jaqueline Berger ist wie schon Band 1 sehr flüssig und dazu in einem ebenso harten Stil geschrieben, der die Geschichte an sich viel realistischer erscheinen lässt. Vielleicht liegt das auch an den heimischen Schauplätzen. Genau hier taucht aber ein Fragezeichen auf! Wieso schlägt der Dämon gerade in Deutschland zu? Gut, man kann fragen, wieso er als Jack the Ripper von einem Jahrhundert gerade in London seine Opfer holte, aber genau diese Dinge ergeben eine große Fragenspirale , wie ich das gerne nenne. Und solch eine stört mich meist etwas, zumal in diesem Roman noch mehr Fragen denn Antworten auftauchen, die noch auf den kleinen Fragenstapel aus dem ersten Band gelegt werden müssen und hoffentlich irgendwann in den Folgebänden geklärt werden! Ich denke da an den geheimnisvollen Dolch oder and die Geisterstimmen in der Kapelle. Auch habe ich weiterhin das Gefühl, den Anfang der Serie verpasst zu haben, obwohl ich ja beim ersten Band startete. Doch trotz allem Fragen und Zweifeln wurde ich mal wieder von einer sehr genau recherchierten Geschichte gut unterhalten und bin von der Hauptperson JB sehr begeistert. Auch die Nebenfiguren, wie ihre neue Kollegin Linda und der geniale Roger sind tolle Charaktere. Und so freue ich mich schon bald den dritten Band zu lesen!


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover ist sehr stimmig gehalten und beinhaltet doch einige Elemente, die allesamt zum Roman passen. Besonders natürlich der Dolch, der ja genau wie in der Story beschrieben das Hauptmotiv des Bildes darstellt. Sehr gute Arbeit!


Coverbewertung:
4 Kreuze
Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
Vier Wochen sind nach der Begegnung mit der Lady of the Dark vergangen; dem Abenteurer das Jaqueline nur knapp dank der Hilfe einer Unbekannten überlebt hat und von dem sie als Andenken den silbernen Dolch eben jener Retterin behalten hat. Nun führt ein neuer Auftrag ihres geheimnisvollen Bosses die Sonderermittlerin nach Würzburg, wo ein Mörder eine Prostituierte getötet hat. Dabei scheint es sich um die Fortsetzung einer Mordserie aus dem Jahr 2000 zu handeln, bei der fünf Prostituierte aus Franken getötet wurden. Jaqueline, die in Würzburg mit ihrem ehemaligen Klassenkameraden und Kumpel, dem Kommissar Paul Metzler zusammenarbeiten kann, fällt auf, dass die Morde vor zwei Jahren an den gleichen Tagen geschehen sind wie die Taten des berüchtigten ‚Jack the Ripper' in London, und auch der neue Mord passt in dieses Schema.
Als ein Brief einen weiteren Mord ankündigt, kann Jaqueline den Mörder kurzzeitig stellen, wird dann aber von ihm überwältigt und er kann fliehen. Doch das kurze Zusammentreffen hat gereicht, um erkennen zu können, dass der Täter kein Mensch mehr ist, sondern eine lebende Leiche! Dazu passt die Aussage eines Mannes - des Vaters eines der Opfer -, der behauptet den Täter der ersten Mordserie identifiziert und getötet zu haben. Die Stelle, an der der Mann den Mörder namens Frank Zindler begraben hat, ist nun allerdings leer...
Für J.B. ist klar, dass der untote Killer erneut zuschlagen wird, und sie lässt ihre neue Partnerin Linda Zimmermann, die ehemalige Polizistin, nach Würzburg kommen, um sie als Köder für den Zombie einzusetzen. Ein Plan, der aufgeht, denn als der Killer Linda angreift können die beiden Dämonenjägerinnen den Untoten mit ihren Spezialgeschossen vernichten. Ein zu einfaches Ende für diesen Fall - und bald zeigt sich, dass er noch nicht abgeschlossen ist. Denn Zindler war selbst nur ein Opfer und von einem Dämon besessen - dem vorchristlichen Dämon Abaddon, dem Engel des Abgrunds.
Abaddon hat nach der Vernichtung des Zombies den Körper eines anwesenden Polizisten übernommen und will nun J.B. und Linda töten, die in eine Kapelle flüchten können. Hier bekommen sie Kontakt zum Geiste eines Mönches, der den Dolch der Unbekanten als "Dolch des Baphomet" identifiziert, gleichzeitig aber feststellt, dass J.B. nicht "die Auserwählte" ist, auch wenn die ehemalige Abenteurerin diese Aussage nicht versteht. Dafür versteht sie den Rat des Geistes, dass sie mit diesem magischen Dolch den Dämon Abaddon zwar nicht vernichten, aber so zurückschlagen kann, dass er lange brauchen wird, um sich davon zu erholen. Gestärkt mit diesem Wissen gelingt es Jaqueline schließlich den Dämon mit dem Dolch aus dem Körper des Polizisten zu vertreiben, auch wenn Abaddon seine Rückkehr ankündigt.


Meinung:
Kaum zu glauben, dass sich hinter diesem schlichten Titel eine so spannende und unheimliche Geschichte verbirgt, die dazu als Sahnehäubchen für mich als alten CS-Leser noch meinen Lieblingsdämon Abaddon bereithält. Die Geschichte ist spannend und gradlinig erzählt und aus einem "normalen" Mordfall, zu dessen Aufklärung Jaqueline eigentlich keine Lust hat, wird ein unheimlicher Gruselroman, der von einem verwesenden Zombie über dunkle Nächte bis hin zu einem der mächtigsten Dämonen überhaupt alles zu bieten hat. Außerdem bin ich ja seit dem Film ‚Das Grauen kommt um 10' ein Fan von mysteriösen Telefonanrufen, deshalb hat es mir auch sehr gut gefallen, dass der sich bei J.B. im Hotel gemeldet hat.
Mit Linda Zimmermann bin ich allerdings noch nicht so ganz warm geworden, weil mir schon im ersten Band die Verwandlung vom gesetzestreuen Hascherl zur toughen Abenteurerin etwas zu schnell ging. Aber immerhin wird diese Rolle im vorliegenden Band konsequent weitergeführt.
Ein großes Plus im Gegensatz zu ‚normalen' Heftromanen ist, dass hier kein Schwarz-Weiß-Malerei betrieben wird, sondern es auch wie im richtigen Leben Graustufen gibt und diesmal sogar ein geständiger Mörder auf freiem Fuß bleiben muss (darf), weil man ihm seine Tat nicht nachweisen kann. Alles in allem ein toller Roman, der diesmal auch ohne den Beginnerbonus vier Kreuze verdient hat.


Besonderheit:
Linda Zimmermann ist nun feste Partnerin von J.B.
Erster Auftritt von Paul Metzler.
Erster Auftritt von Abaddon, dem Herrn der Heuschrecken.
Erster Einsatz des Baphomet-Dolches.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Ein Cover, das so schlicht wie der Titel ist, aber den Dolch des Baphomet genau so darstellt, wie er im Roman beschrieben wird, inklusive der magischen Formel. Mir gefällt es gut.


Coverbewertung:
3 Kreuze