Jaqueline Berger Nr. 10: Hexensabbat
Jaqueline Berger Nr. 10: Hexensabbat


„Die Tote hieß Manuela Schober, eine Studentin aus Wörth am Rhein. Lebte in einer WG hier in der Stadt. Sie wurde mal verhaftet – eine Drogengeschichte. Ansonsten unauffällig.“ Paul Paulsen, der Hauptkommissar der Mordkommission in Frankfurt, faltete seinen Ausdruck zusammen, ehe er nach einer Tasse mit frisch aufgebrühtem Cappuccino griff. Etwas mehr als zwei Stunden war es her, dass eine junge Frau in das Büro von Linda und Easy gekommen war. Mit letzter Kraft hatte sie sich hineingeschleppt, etwas von einem Hexensabbat gestammelt – um schließlich vor Linda und Easy zu sterben. Die oberste Frage lautete für die Sonderermittlerin und ihren Praktikanten nun, ob dies ein Fall für sie war oder auch nicht. Auf den ersten Blick sah es so aus. Hexensabbat, eine Leiche … Das alles wirkte, als würde sich hier eine große Sache ankündigen, ein Fall für die Sonderermittler. Besah man es sich jedoch genauer, konnten schon Zweifel entstehen. Nicht jeder Satanist und nicht jeder Hexenzirkel waren ein Fall für Linda und ihr Team. Normale Kriminalfälle fielen nicht mehr in das Ressort der ehemaligen Polizeibeamtin. Erst wenn paranormale Phänomene hinzukamen, echte Hexen, Geister oder Dämonen auftraten, musste sie aktiv werden. So wie im Fall des Bermuda-Dreiecks, der sich doch so ganz anders entwickelt hatte, als sie zu Beginn dachte. Allein schon, mit J.B. zu arbeiten, ihrer Freundin und treulosen Tomate, wie sie sie in Gedanken nannte, hatte ihr gut getan. Dass am Ende Jaqueline die Fäden gezogen hatte, sie einmal mehr aus der Scheiße holen musste, spielte da keine Rolle. Sie waren stets ein Team gewesen und jeder gab sein Bestes. Sie hätte nicht gehen sollen, dachte Linda bitter, als ihr bewusst wurde, dass sie nun die Chefin im Ring war. Auch wenn die Blonde das Büro übernommen hatte, würde doch sie vor Ort ermitteln. Nicht ihre Vorgesetzte, die Assistentin vom Boss. Für einen Moment spürte sie Angst. Bisher hatte sie jederzeit nach ihrem Handy greifen und J.B. anrufen können. Hier war es anders. Vielleicht der erste Fall ohne Jaqueline. Ein Tanz auf dem Seil ohne Netz und doppelten Boden. Bewährte sie sich, war es okay. Ging es schief, konnte es wirklich ganz dumm enden. „Schön. Oder nein – nicht schön. Die Ermittlungen sind vermutlich noch nicht sehr weit gediehen?“ „Nein, wahrlich nicht. Mehr noch – es ist eine Frage der Zuständigkeit. Es muss schließlich was zu bedeuten haben, dass sie hierher kam und nicht zur Polizei ging.“ „Vermutlich traute sie den Bullen nicht über den Weg. Würde ich auch nicht, wenn Sie mich fragen.“ „Sie fragt aber keiner“, schnarrte Paulsen, dem Easys lockerer Spruch gehörig auf den Nerv ging. Er mochte es nicht, wenn jemand so mit ihm sprach. Wäre Easy nicht der Praktikant von Linda gewesen, hätte er ihm eine kräftige Standpauke gehalten. So blieb es bei dem kurzen Satz. „Also – was meinen Sie, Frau Zimmermann?“ Auch Linda nahm einen Schluck Cappuccino. „Keine Ahnung. Wenn es sich als heiße Luft entpuppt, haben wir einen regulären Mordfall an der Backe. Wenn es in unsere Sparte fällt und die Polizei ermittelt …“ Für einen Moment schwiegen alle. „Gut – wir übernehmen vorerst. Wenn sich herausstellt, dass wir es hier mit einem normalen Mord zu tun haben, übergeben wir die Sache an die Kripo – also an Sie.“ Paul Paulsen verzog den Mund. Auf seinem Schreibtisch stapelte sich ohnehin die Arbeit, so dass er froh um jeden Fall war, den er abgeben konnte. Die Vorstellung, in ein paar Tagen vielleicht erneut mit der toten Studentin konfrontiert zu werden, gefiel ihm gar nicht. „Gut. Wie geht es nun weiter?“ „Schaffen Sie die Leiche zu Doktor Rosenbaum. Er soll die Untersuchung vornehmen – ist mir lieber. Er findet auch Dinge, die andere Pathologen nicht finden. Sagen Sie ihm, wir kommen morgen gegen zehn zu ihm. Bis dahin soll er die Obduktion abgeschlossen haben. Lassen Sie uns außerdem die Adresse der Toten da. Wir schauen uns da mal um.“ Paulsen leerte seine Tasse, ehe er sich erhob. „Sollten Sie was brauchen, Frau Zimmermann, rufen Sie einfach an. J.B. ist ja nun weg, wie mir zu Ohren kam.“ „Ja, leider.“ Linda schaffte es nicht, einen säuerlichen Tonfall aus ihrer Stimme zu vertreiben. „Sie liegt jetzt vermutlich am Strand ihrer Insel und genießt das Leben. Eine Scheiße ist das.“ „Ach, nehmen Sie es nicht zu tragisch. Ist Ihre Chance, den Laden hier aufzumischen. Denken Sie dran – J.B. kochte auch nur mit Wasser.“


Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Es beginnt damit, dass die Studentin Manuela Schober in das Büro von Linda Zimmermann gefallen kommt, etwas von Hexensabbat stammelt und vor den Augen der Bundesermittlerin und dem Auszubildenden Easy stirbt. Die Ermittlungen bei denen Linda und Easy von dem Detektiv Christoph Schwarz unterstützt werden - ergeben eine Spur zu dem bekannten Satanisten Robert Fritz Wagner, doch eine Hausdurchsuchung bringt scheinbar nicht viel, außer dass die SSSK-Offizierin Florence O'Brien plötzlich im Büro der Sonderermittlerin auftaucht und diese warnt, die Finger von Wagner zu lassen, da er unter dem Schutz der SSSK stehe! Als allerdings eine weitere Spur auf Wagners PC von der Hackerin Anna Simonis entdeckt wird, kommen Linda, Easy und der Detektiv Schwarz einer Studenten-Hexenvereinigung auf die Spur, die sogar vor Morden nicht zurückschreckt, um ihre einen privaten Ziele durchzusetzen. Diese gehen auch gegen jene vor, die versuchen, aus dem Zirkel auszusteigen! Kann das Ermittler-Trio weitere Morde verhindern und die jungen Hexen bei ihren Vorhaben stoppen?


Meinung:
Um den Ausstieg von Jaqueline Berger zur Solo-Ermittlerin zu unterstreichen lässt Autor Gunter Arentzen nun Linda Zimmermann und ihre Truppe erstmals alleine agieren allerdings mit Unterstützung seiner anderen Serienfigur: dem Detektiv Christoph Schwarz. Und das ganze funktioniert ganz gut! Die Action hält sich diesmal etwas im Rahmen, erst zum Schluss geht es dann hoch her. Bis dahin kann man in dem flüssigen Schreibstil die Ermittlungen der Fahnder verfolgen und sich von der Figurenjongleurei des Autors beeindrucken lassen. Immer wieder wirft er neue Gestalten in seine Geschichten, sei es nun aus bekannten Serien oder gänzlich neu erschaffene Existenzen. Da ist es schon nicht leicht, den Überblick zu behalten. So ist der mittlerweile zehnte Roman von JAQUELINE BERGER schlussendlich ein unterhaltsamer; wenn auch kein Highlight der Serie.


Besonderheiten:
Erscheinungsdatum: April 2005
- erstes Solo-Abenteuer für Linda Zimmermann und ihrer Crew; Jaqueline Berger hat nur einzelne Randszenen
- erster Auftritt von Anna Simonis, einer Studentin und PC-Hackerin
- Gastauftritt von Christoph Schwarz, einem Detektiv des Paranormalen und einer weiteren Serienfigur des Autors
- erste Erwähnung von Alastor, dem 'grausamen Dämon'
- die ermordete Studentin Janina Reiter, wird wiedererweckt und eine 'Kämpferin des Lichts'


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Diese wohl aus Verzweiflung vorgebeugte Person gibt mir nun keine Assoziation zu dem Thema 'Hexensabbat', könnte aber eine in den Bann geratene Person aus dem Roman sein. Der grüne Hintergrund ist aber farblich echt hexenmäßig...


Coverbewertung:
2 Kreuze