John Sinclair Nr. 1609: Shaos Rachetour

John Sinclair Nr. 1609: Shaos Rachetour


Kenny Han wusste, dass er verfolgt wurde. Und das bereits seit Shanghai, als er die Linienmaschine nach London bestiegen hatte. Dort musste er etwas erledigen, das unaufschiebbar war. Er kannte die Verfolger nicht. Er hatte auch keinen verdächtigen Mann gesehen, und er wusste trotzdem, dass sie hinter ihm her waren. Seine Schuld, er war eben nicht vorsichtig genug gewesen. Sie ließen sich zudem Zeit, denn die arbeitete für sie. Im Flieger war nichts passiert. Trotzdem war er kaum zur Ruhe gekommen. Es hatte bei ihm nur kurze Schlafphasen gegeben, aus denen er immer wieder zuckend erwacht war. Er hatte sich dann umgeschaut und erleichtert festgestellt, dass sich in der Maschine und in seiner unmittelbaren Umgebung nichts verändert hatte...


von Jason Dark, erschienen am 12.05.2009, Titelbild: Koveck

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Shao erhält aus dem fernen Japan, von Kenny Han, Besuch, dessen Familie seit Jahrhunderten ein magisches Amulett hütet - das Auge der Amaterasu - um es einst dem rechtmäßigen Besitzer zu überreichen. Diesen hat Kenny Han in Shao, der letzten Nachkommin der Sonnengöttin gefunden. Doch Kenny Han wird von den Angehörigen einer gefährlichen Sekte, den Söhnen Nippons, verfolgt, die das Amulett ihrem Götzen Susanoo bringen wollen. Auch John Sinclair und Suko, die gerade vom Dienst kommen, können nicht verhindern, dass die Söhne Nippons Kenny Han töten. Shao schwört bittere Rache und macht sich als Phantom mit der Maske allein auf den Weg, um die Söhne Nippons auszuschalten. John und Suko wollen ihrer Freundin natürlich helfen und laufen direkt in die Falle der fanatischen Dämonendiener…


Meinung:
Geschichten um die japanische Mythologie sind bei Jason Dark nicht nur eine Seltenheit, sondern meistens auch der Garant führ gute und spannende Unterhaltung. So verhält es sich auch bei dem vorliegenden Roman. Die letzten Ausflüge in diese Gefilde sind mittlerweile zwei, beziehungsweise knapp vier Jahre, her. Der letzte Roman zu diesem Themenkomplex (1518 "Sukos Alptraum") konnte zwar überhaupt nicht fesseln, dafür der vorletzte umso mehr (1431 "Shaos Feindin"). Immerhin ging es da um eine Rächerin des Dämons Shimada. In dem vorliegenden Roman nimmt Jason Dark endlich wieder Bezug auf den dunklen Bruder der Sonnengöttin, Susanoo, der längst in Vergessenheit geraten schien, immerhin war sein letzter Auftritt in Band 451 "Drei Gräber bis Soho", anschließend konzentrierte sich der Autor auf Shimada, der in diesem Roman als Helfer Susanoos bezeichnet wird. Mit den Söhnen Nippons hat eine gefährliche, schlagkräftige Sekte ihren ersten Auftritt, die hoffentlich noch für viel Aufsehen sorgen wird. Dieser Roman könnte die japanische Mythologie und die Rivalität zwischen Amaterasu und Susanoo innerhalb der Serie neu beleben, denn mit dem magischen Amulett hat Shao eine neue mächtige Waffe erhalten, die sicherlich auch gegen andere Schattenwesen einen wirkungsvollen Schutz bietet und die Chinesin stärker in die Fälle integrieren könnte. Etwas haarsträubend gestaltet sich Shaos Entschluss den Tod Kenny Hans in Charles-Bronson-Manier zu rächen. Schock hin oder her, ein solches Verhalten passt einfach nicht zu der besonnenen Freundin von Suko, zumal sie Kenny Han nicht lange kannte. Wäre es Suko gewesen der getötet oder verletzt worden wäre, hätte man ihre Reaktion besser nachvollziehen können. Ein Beeinflussung durch das Auge der Amaterasu wäre eine interessante Erklärung gewesen, diese Vermutung wird aber mit keiner Silbe angedeutet. John Sinclair selbst wird in diesem Roman zur Randfigur, die lediglich Suko assistieren darf, da dieser durch die direkte Involvierung seiner Freundin emotional gehemmt ist. Sprachlich und stilistisch kommt dieser Roman erstaunlich rasant und packend herüber. Lediglich die ersten zwanzig Seiten gestalten sich durch die umständlichen Dialogen zwischen Shao und Kenny Han als etwas zäh.
Fazit: Packender und kurzweilig erzählter Sinclair-Roman über die japanische Mythologie. Shao glänzt endlich wieder als maskiertes Phantom mit der Armbrust. Hoffentlich gibt es ein baldiges Wiederlesen mit Susanoo und den Söhnen Nippons.


Besonderheiten:
Shao erhält das Auge der Amaterasu, ein magisches Amulett.
Erster Auftritt der Söhne Nippons.
Susanoo wird im Zusammenhang mit den Söhnen Nippons erwähnt.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Ein wirklich stimmiges, erotisches Cover, das Shao als Phantom mit der Armbrust und dem Auge der Amaterasu zeigt. Allerdings trägt Shao im Roman einen ledernen Anzug und eine Halbmaske. Schlussendlich passt das Bild besser zu diesem Roman, als zu Band 1431 wo das Cover bereits Verwendung fand.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von Ulrich Surendorf/Chapman:


Kurzbeschreibung:
Shao erhält Besuch von dem Japaner Kenny Han, der ihr ein Kleinod überreicht, das sich seit vielen Generationen in Hans Familie befindet: ein grün schimmernder Kristall, der "Das Auge der Amaterasu" genannt wird und in den die Sonnengöttin einen Teil ihres Lichts gespeichert hat, bevor sie von ihrem Bruder Susanoo in das Dunkle Reich verbannt wurde. Hans Familie hat den Kristall bewahrt, um ihn eines Tages einem würdigen Träger übergeben zu können - Shao, die letzte in der Ahnenreihe der Sonnengöttin.
Als Shao den Kristall um den Hals hängt spürt sie die Kraft Amaterasus. Doch Kenny Han wurde von Feinden verfolgt: ein Geheimbund, der sich "Söhne Nippons" nennt und sich Amaterasus dunklem Bruder Susanoo verschrieben hat, will das Auge an sich bringen, um dadurch zu mehr Macht zu gelangen. Vor Suko und Shaos Wohnung lauern zwei der Söhne Kenny auf und töten ihn mit einem Messer. Dies haben auch John und Suko mitbekommen, die gerade zu Shao wollten. Die beiden Geisterjäger können weder den Mord noch die Flucht der Killer verhindern, die von zwei weiteren Söhnen Unterstützung bekommen haben. Shao befindet sich unterdessen in der Wohnung in einer Art Trance, die erst endet, als John ihr den Kristall abnimmt. Als Shao von Hans Tod erfährt, will sie den Japaner rächen.
Als Phantom mit der Maske durchstreift Shao das Mietshaus, das von sieben Mitgliedern der Söhne Nippons besetzt wurde. John und Suko unterstützen Shao dabei und schließlich kommt es in der Tiefgarage zum Showdown zwischen den Gegnern. Hier zeigt sich die wahre Macht von Amaterasus Auge, denn das Licht aus dem Kristall schafft es sogar, ein Messer verschwinden zu lassen, das auf Shao geschleudert wurde. Suko kann sich mithilfe von Buddhas Stab aus einer lebensgefährlichen Situation retten und in Notwehr müssen die Geisterjäger einige der Söhne Nippons töten. Drei von ihnen bleiben am Leben und werden von Shao aus der Tiefgarage gejagt. Ihre Leichen werden später in London gefunden - sie haben ihre Niederlage nicht verkraftet und Harakiri begangen.


Meinung:
Auch wenn die titelgebende Rachetour erst auf den letzten 20 Seiten stattfindet, hat mir dieser Roman recht gut gefallen. Nach einem, von der Messerattacke auf Kenny Han abgesehen, eher ruhigen Anfang wird der Endkampf in der Tiefgarage packend geschildert. Schön fand ich, dass Shao in diesem Roman wieder mal Stärke beweisen konnte und nicht nur das Recherche-Mäuschen am PC gespielt hat.
Die Einführung der Söhne Nippons sehe ich mit gemischten Gefühlen. Einerseits gefällt mir dieser Geheimbund ganz gut und er ist die Chance, öfter die asiatische Mythologie einfließen zu lassen. Andererseits wurden in den letzten Jahren schon so oft neue Figuren oder Organisationen erdacht und nach ein oder zwei Auftritten wieder vergessen... In diesem Zusammenhang fällt mir besonders der namenlose Supervampir aus Band 1541 ‚Ball der Vampire' ein. Mal sehen, wann wir das nächste Mal von den ‚Söhnen' hören. Insgesamt aber ein schöner Roman, der drei Kreuze verdient hat.
Noch eine kleine Anekdote am Schluss: Suko ruft Shao zu Beginn des Romans an, und teilt ihr mit, dass er später nach Hause kommt, weil er mit John und Sir James noch an einer Aufarbeitung des letzten Falles (s. Band 1608 ‚Das siebte Opfer') arbeiten müsse. Im Büro sitzen die Geisterjäger jedoch mit Tanner zusammen und trinken auf den erfolgreichen Abschluss des Falles. Und beim Nachhause gehen stoßen John und Suko auf der Sir James, der ihnen gratuliert, dass sie den Serienkiller unschädlich gemacht haben (was formal ja auch gar nicht stimm... *g*). Somit scheint Suko seine Partnerin was die Besprechung angeht, angelogen zu haben... ;o)


Besonderheiten:
Erster Auftritt des Auges der Sonnengöttin Amaterasu.
Erster Auftritt des Geheimbundes ‚Söhne Nippons'.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Das Bild zeigt Shao mit dem umgehängten Kristall. Da der gesamte Roman im Mietshaus der Geisterjäger spielt, passt der Hintergrund nicht und die Frau sieht auch nicht wie eine Asiatin aus. Vom Stil gefällt es mir aber sehr gut.


Coverbewertung:
3 Kreuze
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Das Titelbild stammt ursprünglich vom Cover des John Sinclair Romans Nr. 1431 "Shaos Feindin":

John Sinclair Nr. 1431: Shaos Feindin