John Sinclair Nr. 1703: So grausam, schön und tödlich

John Sinclair Nr. 1703: So grausam, schön und tödlich


Blut - ich brauche Blut! Der Gedanke an den roten Lebenssaft der Menschen trieb die Vampirin Justine Cavallo an wie ein Motor. So eilte sie durch die Nacht, war wie ein Schatten oder glich hin und wieder einem gefährlichen Raubtier auf zwei Beinen. Blut! Ja, sie würde es bekommen, und sie wusste auch schon, von wem …


von Jason Dark, erschienen am 01.03.2011, Titelbild: Dale
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Die beiden It-Girls Rachel Fleming und Fiona Jackson werden von Justine Cavallo ausgesaugt. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit tötet die blonde Bestie ihre Opfer jedoch nicht, sondern lässt sie als Vampire auf die Party-Szene von London los. Zwischen Gothics, Drag-Queens und anderen Vergnügungssüchtigen, sollen die beiden Blutsaugerinnen ihre Opfer finden. Jane Collins hat von der Sache Wind bekommen und begibt sich gemeinsam mit ihrem Freund John Sinclair auf Vampir-Jagd …


Meinung:
Da hat Jason Dark vermutlich wieder eine Fernsehdokumentation über das Nachtleben in London oder einer anderen vergleichbaren Großstadt gesehen, und beschlossen das Setting in einem Roman zu verarbeiten. Das und der erneute Auftritt von Justine Cavallo sind leider auch die einzigen Pluspunkte dieses ansonsten sehr unspektakulären, fast schon langweiligen Romans. Der Beginn ist sehr fesselnd, aber schon eindeutig zu lang. Immerhin gibt es keinerlei Zweifel daran, dass die beiden Frauen zu Vampiren werden. Neu ist tatsächlich, dass die blonde Bestien die Opfer am Leben lässt, doch obwohl Jane Collins und John Sinclair dieses Verhalten stark kritisieren, ziehen sie immer noch keine Konsequenzen aus dem Verhalten von Justine. Als ob es einen Unterschied machen würde, ob die Opfer nun erlöst werden oder nicht. Es ist und bleibt ein schlichter Doppelmord, den der Polizeibeamte Sinclair sehenden Auges billigt. Ein Umstand, der auch nach dem hundertsten Mal nichts von seiner Brisanz einbüßt. Im Gegenteil der Geisterjäger spricht sogar von einer Abmachung, laut der die Cavallo sich ihr Blut holen kann, aber ihre Opfer danach endgültig tötet. Man bekommt sogar den Eindruck, dass Sinclair Angst vor einer Auseinandersetzung mit Justine Cavallo hat. Dessen ungeachtet ziehen die beiden It-Girl-Vampire ein gähnend langweiliges Spielchen durch, bei dem mehr geredet als gehandelt wird. Selbst als sie sich in einer Schlachterei mit Kettensägen ausrüsten kommt keinerlei Spannung auf, denn wieder mal sind John Sinclair und Jane Collins rechtzeitig zur Stelle. Um den Gore-Faktor zu erhöhen stürzen die Vampire bei ihrer Vernichtung in ihre selbstgewählten Waffen. Sehr konstruiert das alles.
Fazit: Langweilig und vorhersehbar. Ein originelles Setting reicht leider nicht für eine gute Geschichte aus, vor allem dann nicht, wenn die Handlung nicht nur unglaubwürdig, sondern auch spannungsarm ist.


1 von 5 möglichen Kreuzen:
1 Kreuz


Kommentare zum Cover:

Obwohl das Cover größtenteils am Computer entstanden ist, wirkt es sehr stimmungsvoll und die beiden Vampir-Frauen strahlen eine subtile Erotik aus.


Coverbewertung:
4 Kreuze

Rezension von VoXpOpZ:


Kurzbeschreibung:
Justine Cavallo überfällt die It-Girls Rachel und Fiona. Sie trinkt deren Blut - anders als sonst tötet Justine die Frauen aber nicht, und Rachel und Fiona werden zu Vampirinnen. John Sinclair und Jane Collins jagen die Untoten und vernichten sie schließlich in einer Londoner Szene-Bar.


Meinung:
John-Sinclair-Vampirromane gehören zu jener Untergattung der Serie, die Jason Dark in der Regel am besten gelingen. Dabei geht es schon lange nicht mehr um die unheimliche Burg, den blutsaugenden Grafen und die erlösenden Holzpflöcke, die früher zu den Standardversatzstücken solcher Geschichte zählten. Immer wieder betont Jason Dark, dass sich sein "Vampirbild" gerade in den vergangenen Jahren grundlegend geändert hat - und nicht zuletzt an der ambivalenten Figur Justine Cavallo macht sich diese Veränderung fest.
Mit dem Roman "So grausam, schön und tödlich" präsentiert Dark nun wieder einen Vampirroman der modernen Art. Dafür greift er sehr tief in seine Pseudo-Softerotik-Schmuddelkiste und zimmert eine schrille, schräge und trashige Geschichte, die selbst dem letzten klarmacht, dass Vampirgeschichten auch ohne Fledermäuse funktionieren können. Von Bankern mit Doppelleben als Drag-Queen über Gothic-Jugendliche an brennenden Mülltonnen bis hin zu sex- und partyhungrigen It-Girls bedient Jason Dark jedes noch so abgedroschene Klischee. Er tut das mit einer schwindelerregenden Konsequenz, die dem Leser eigentlich nur zwei Urteile erlaubt. Entweder er stempelt das Heft als größten Schund auf Erden ab, oder er versteht die Schilderungen als ironisch-bissigen Kommentar auf die heutige Spaßgesellschaft.
Das letztere dürfte wohl die Absicht des Autos gewesen sein, wird doch an beinahe jeder Stelle des Hefts das Schmunzeln spürbar, das Jason Dark beim Schreiben im Gesicht gestanden haben muss. Allein die Auswahl der Settings unterstreicht seinen Sinn für Humor. John und Jane tingeln durch die unwirkliche Gegenwelt der Londoner Subkulturen, fühlen sich in einer ominösen Szene-Bar namens "Halfmoon" sichtlich unwohl und ermitteln dann in einem von Schweineblut durchtränkten Schlachthof. Das alles wirkt sehr grotesk und übertrieben, passt aber umso besser zur extravaganten Figur der Justine Cavallo, deren Auftritte Dark stets mit einem plakativen Augenzwinkern erzählt.
Fiona und Rachel, eigentlich die Hauptfiguren dieses Hefts, werden am Schluss von den Geisterjägern erlöst, scheitern aber eigentlich von Beginn an sich selbst. Es gelingt ihnen nicht, auch nur einem einzigen Opfer in den Hals zu beißen. Selbst mit Kettensägen ausgestattet kriegen es die Partymäuschen nicht auf die Reihe, ihr Ding durchzuziehen. So schön und grausam sie auch sein mögen, tödlich sind sie keineswegs. Dark beschreibt die jungen Frauen auf ihrer Odyssee passenderweise genau so, wie sie auch in Reality funktionieren: oberflächlich, schillernd, ohne Tiefe. In die Schauplätze fügen sie sich entweder wie von selbst oder funktionieren als bestechende Kontraste.
Gerade über das Unmaß an Klischees, Farben, Bildern und Eindrücken, das den Roman auf der einen Seite auszeichnet, verliert sich Jason Dark auf der anderen Seite aber an einigen Stellen, was seine Spannungen angeht. Besonders zum Ende hin hat die Geschichte viel zu wenig Drive, obwohl es immer wieder kracht und dampft - und die Kettensägen heulen. Die Vernichtung der Vampirinnen durch John bleibt unbefriedigend, weil Justine Cavallo das Finale letztendlich nur noch in einem Nebensatz kommentiert, nicht aber aktiv eingreift.
Trotzdem kommt Justines Gesamtauftritt im Roman eine bedeutsame Note bei, da mit der vorliegenden Geschichte offenbar eine grundsätzliche Wandlung der Cavallo-Figur eingeleitet wird. Dass die Vampirin über kurz oder lang die Seiten wechselt, wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach zwischen den Zeilen angedeutet, hier wird die Andeutung zur konkreten Drohung: Justine als Johns Partnerin dürfte schon bald der Vergangenheit angehören.
Fazit: Vampire 2011. Naturalistische Pseudoerotik meets Pseudo-Kettensägen-Massaker. Gute trashige Unterhaltung für Zwischendurch: nicht mehr, aber auch nicht weniger.


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Für Dale sind barbusige, laszive oder lüsterne Weiber ja so etwas wie ein Markenzeichen. Diesmal zeigt er die It-Girls überraschenderweise angezogen. Nicht die schlechteste Entscheidung.


Coverbewertung:
3 Kreuze