Larry Brent Nr. 17: Orungu - Fratze aus dem Dschungel
Larry Brent Nr. 17: Orungu - Fratze aus dem Dschungel


Er hielt den Atem an und drückte vorsichtig die Tür auf. Alles war still. Nur das Stampfen und Dröhnen der Motoren im Maschinenraum erfüllte den Schiffskörper. Dave Hoyle starrte in die dunkle, mit muffiger Luft gefüllte Kabine. Er sah eine einfache Holzkoje, in der sich schwach die Umrisse eines schlafenden Menschen abzeichneten. Der Fremde! Auf geheimnisvolle Weise war er an Bord gekommen. Nichts weiter als eine große Holzkiste hatte er bei sich gehabt. Eine Kiste, die an einen grob zusammengezimmerten Sarg erinnerte. Was transportierte der rätselhafte Passagier in dieser Kiste? Hoyle wollte es genau wissen. Seit Beginn der Reise ließ es ihm keine Ruhe. Und heute nacht nun war endlich die Stunde gekommen, wo die anderen erschöpft in ihren Kojen lagen, wo keiner auf ihn achtete. Der englische Seemann drückte langsam die Tür hinter sich zu.


von Dan Shocker, erschienen am 01.12.1981, Titelbild: R.S. Lonati

Rezension von Leichnam:


Kurzbeschreibung:
Ein mysteriöser Fremder - eine hagere, knochige Gestalt - ist auf einem Frachter unterwegs. Es soll nach Frankreich gehen. Dieser Fremde schottet sich völlig ab in seiner Kajüte, fanatisch eine sargähnliche Holzkiste bewachend, die er als Gepäck dabei hat. Er schloß einen Deal mit dem zwielichtigen, bestechlichen Kapitän, der die Reise für den Hageren illegal durchführt. Als Lohn gab es fremdartig anmutenden Schmuck aus purem Gold. In der Holzkiste liegt die Totenbeschwörerin Orungu - Eingeborene aus Neuguinea, Trägerin des dritten Auges. Sie kann hinüberschauen ins Totenreich. Und sie ist in der Lage, lebende Menschen totzusprechen sowie Leichen wieder auf die Beine zu bekommen. Tumbe Zombies sind das dann. Der Hagere, Maurice Duval heißt er, hat nach 30 Jahren noch immer eine Rechnung mit seinem Bruder offen. Von Neuguinea zu einem kleinen Ort in Frankreich - ein wirklich wahnwitziger Rachefeldzug. Brent weilt in Frankreich, um Fälle von Leichenraub aufzuklären, die mit einem unheimlichen Fall zu tun haben, an dem die PSA gerade zu knappern hat. Dabei schlittert er wieder einmal durch Zufall in den neuen Fall um Orungu hinein. Der Hagere nimmt seine Rache am Bruder, obwohl längst kein Haß mehr im Spiel ist. Orungu und er töten, um für sich ein Leben in einem ganz besonderen Jenseits zu bereiten. In unbekannten Bereichen, die vorerst nur Orungu kennt. Bald wird Brent direkt mit Orungu und ihren Zombies konfrontiert. Der Agent räuchert das "Nest" aus - ein altes schummriges Gehöft, welches einst der Hagere erben sollte. Es war der Streitpunkt der Nebensache Rache, denn Duval bekam vor 30 Jahren dieses Gehöft nicht zugesprochen, sondern sein jüngerer Bruder. Feuer vernichtet Orungu nebst Duval und Zombie-Dienern. Feuer - verursacht durch Larry Brents Laserpistole. Ein hinzugekommener Neuguinea-Forscher und Abenteurer stellt schließlich im Bürokomplex der lokalen Polizei von St. Remy, dem Ort des Geschehens, eine Filmrolle vor, die er einst unter Lebensgefahr in der fernen Welt gedreht hatte. Orungu ist auf dem Streifen zu sehen; sie erweckt den Hageren aus seinem Grab. Die beiden werden eine Art Liebespaar. Die Frage aber, weshalb der Hagere intelligent blieb, während die anderen Lebendiggesprochenen geistlose Zombies waren, versickert als großes Geheimnis am Ende dieser finsteren Story. Zitat des Forschers: "Maurice Duval und Orungu aber nahmen ihr Geheimnis mit ins Jenseits."


Meinung:
Eine äußerst düstere Geschichte mit Bezug auf Zombies sowie fremdartige, für den Durchschnitts-Europäer kaum begreifliche Toten-Riten. Bis zu Seite 24 liest es sich unglaublich beklemmend und dicht - durchzogen von einem Hauche stetig vorhandener, unterschwelliger Gewalt. Dieser Hagere, Maurice Duval, scheint zynische Bedrohung für alle "Normalos" zu sein. Das er am Ende ziemlich unspektakulär durch Feuer umkommt, ist zum einen relativ typisch für Dan Shocker - entspricht aber auch irgendwie dem damaligen Zeitgeist betreffs schauriger Unterhaltung: Da wurden viele Geschichten oder auch Filme mit der ausradierenden Wirkung der Flammen zu Ende gebracht. Insgesamt betrachtet läßt sich Orungu vorzüglich lesen, es gibt eigentlich keine großartigen Story-Drehungen und Verwirrspiele. Für ein Brent-Heft also ziemlich straight durchgezogen, wie ich es persönlich auch viel lieber mag. Paar Seiten des Mittelteiles kommen etwas lahm und haben einen leichten Spannungsabbau zu verzeichnen, doch das recht zeitig angesetzte Finale auf dem alten Gehöft reißt dieses dezente Manko problemlos wieder raus. Ausgezeichnete, sehr bedrückende Lektüre.


Besonderheiten:
Eine der wenigen Zombie-Geschichten von Dan. Und mal so richtig düster - spielt fast nur nachts!


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Zeigt die Szene, in der mit Stangen in den rauchenden Trümmern des zerstörten Gehöftes herumgestochert wird und man schließlich die verbrannte Totenbesprecherin Orungu findet. Romanbezug voll vorhanden, aus origineller Perspektive gemalt, düstere Farbgebung. Volle Kreuzleiste!


Coverbewertung:
5 Kreuze
Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Larry Brent soll in Frankreich gemeinsam mit seinem Kollegen Iwan Kunaritschew eine Bande von Leichenräubern dingfest machen. Als Larry in der Nähe von Marseille einen der Verbrecher auf frischer Tat ertappt, findet er in dem geöffneten Grab eine zweite Leiche, die erst vor kurzem dort verscharrt wurde. Obwohl die Todesursache nicht festgestellt werden kann, muss davon ausgegangen werden, dass der Mann noch gelebt hat, als das Grab wieder zugeschaufelt wurde. Während dessen werden auf einem anderen Friedhof zwei junge Menschen Opfer von lebenden Toten, die aus ihren Gräbern auferstanden sind. Für Larry Brent ist klar, dass ein neuer Fall anliegt, der oberste Priorität hat. Denn sein wahrer Feind ist mächtig und skrupellos. Es ist Orungu - die Fratze aus dem Dschungel ...


Meinung:
Einer der wenigen Romane in denen lebende Tote ihr Unwesen treiben. Dan Shocker begnügt sich nicht einfach den Voodoo-Zauber einmal mehr durch den Kakao zu ziehen und auch kosmische Strahlung ist dieses Mal nicht der Übeltäter, sondern die Geheimlehren der Naturvölker Neuguineas. Schon der Beginn der Geschichte ist geheimnisvoll und unheimlich. Die düstere Atmosphäre auf dem Schiff ist ebenso fühlbar, wie die Szenerien auf dem nächtlichen Friedhof. Der Roman spielt glücklicherweise auch nicht im heißen Dschungel, sondern in den gemäßigten Breiten Frankreichs, welche für einen klassischen Gruselroman besser geeignet sind. Ein kleiner Minuspunkt ist der ungeheure Zufall der Larry Brent nicht nur auf den Fall aufmerksam macht, sondern ihn letztendlich auch auf die Lösung stoßen lässt. Dass ausgerechnet jenes Grab geplündert werden soll, welches sich der Leichendieb als Stätte für seinen Nebenerwerb ausgesucht hat, ist schon mehr als zufällig, dass Larry dann mitten in der Nacht aber auch noch auf ein Opfer der Übeltäter trifft, welche ihn direkt zu dem Versteck der Untoten führen kann, macht die Sache natürlich für Autor und PSA-Agent sehr viel einfacher. Dennoch wird der Leser bestens unterhalten. Der Roman liest sich schnell und flüssig. Lebensnahe Dialoge und "echte" Charaktere vervollständigen das Gesamtbild. Positiv kommt hinzu, dass Dan Shocker niemals den Begriff "Zombie" verwendet hat, der schon ziemlich abgenutzt und eher lächerlich denn gruselig wirkt. Auch das Ende ist eher trübsinnig und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Obwohl dieser Roman von Europa vertont wurde, hat das Hörspiel allerdings nur noch die Grundzüge dieser Story mit dem Roman gemein. Die ersten zwanzig Seiten, welche sich mit der Ankunft Orungus in Frankreich beschäftigen werden im Hörspiel nur im Nachhinein erzählt und anschließend schlägt die Handlung der CD eine etwas andere, wenn auch dramatischere Richtung ein. Was Gruselatmosphäre und Spannung angeht, ist das gedruckte Wort aber unnereicht geblieben.


Besonderheiten:
Der Roman wurde als Folge 16 in der Hörspielreihe "Larry Brent" vertont.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Guter Durchschnitt. Lonati trifft die Szenerie zwar ganz gut, aber richtig gruselig ist das Cover eigentlich nicht.


Coverbewertung:
2 Kreuze

Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Larry und Iwan operieren in Frankreich, da im ganzen Land ein scheinbar organisierter Leichenraub im Gange ist. Da die gestohlenen Toten sehr wahrscheinlich alle nach Paris geschafft werden, wird dort Kunaritschew eingesetzt, während Larry Brent in Marseille und Umgebung aktiv ist. Da der Totengräber Cechoir als einer der Leichenräuber verdächtigt wird, observiert Larry diesen und stößt überraschenderweise auf Untote, die aus ihren Gräbern steigen! Nur langsam dämmert es X-RAY-3, dass dies ein ganz anderer Fall ist. Er ahnt ja auch nicht im geringsten, dass kurz zuvor der vor Jahrzehnten nach Neuguinea ausgewanderte Maurice Duval in sein Heimatland zurückgekehrt ist und die Kreatur Orungu, eine Totensprecherin mitgebracht hat, um für einige klare Familienverhältnisse zu sorgen. Allerdings wird Orungu zu früh aktiv und einige Leichen erheben sich auf dem Friedhof in St. Remy aus den Gräbern und wüten grausig unter ihren Verbliebenen! Kann Larry diese Massaker stoppen?


Meinung:
Dan Shocker lässt in seinen LARRY BRENT Romanen erstmalig die Toten aus den Gräber steigen - und auch dafür kommt er mit einer wissenschaftlich-okkulten Erklärung, nämlich der des Totensprechens! Hochinteressant ist dabei, dass der erste GESPENSTER KRIMI, der eine Woche zuvor erschien, dasselbe Thema in dem ersten Fall um JOHN SINCLAIR behandelt! Aber das nur am Rande...dieser Roman erhält durch diese auf reine Vernichtung erpichten Untoten eine gewisse Härte, die leicht überrascht und den Gruselroman wirklich zu einem eben solchen macht. Aber auch sonst ist die Storyline sehr spannend angelegt und lässt den Leser das Heft nur schwer aus der Hand legen. Allerdings muss ich leider sagen, dass Larry in dieser Geschichte ohne sein Glück und einer Ballung an Zufällen ansonsten etwas dumm dastehen würde. Auch der Handlungsstrang um die Leichendiebstähle wird anfangs zu großartig aufgezogen und dann schnell abgewürgt. Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass der Autor dieses Thema nochmals aufgreift - das werden die nächsten Romane um X-RAY-3 zeigen


Besonderheiten:
- der unbekannte Anführer der Teufelssekte aus Paris entkommt


3 von 5 möglichen Kreuzen:
3 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das von LONATI angefertigte Cover für LB 17 ist mal wieder extra für diesen Roman angefertigt worden und zeigt eine Schlusssequenz des Romans. Sehr gut aufgenommen und verarbeitet. Allerdings auch etwas unverständlich für Nichtkenner der Lektüre.


Coverbewertung:
3 Kreuze