Larry Brent Nr. 73: Der Gehenkte von Dartmoor
Die Stimme war sachlich und ohne jedes Gefühl, obwohl das, was sie
mitzuteilen hatte, Regungen in einem Menschen hervorrief. Aber die Stimme
war nicht menschlich. Es war die eines Computers. Er gehörte zu einer
Spezialanfertigung, mit der speziell der geheimnisvolle Leiter der PSA, X-RAY-1,
in Verbindung treten konnte, und die ihm wichtige Neuigkeiten zu gegebener
Zeit mitteilte. "Agent X-RAY-14 ist tot..." Der väterliche wirkende
Mann mit der dunklen Brille wurde ernst. Seine Finger drückten rasch
mehrere Tasten. Er forderte weitere Informationen aus dem Gedächtnis
des Computers an. Wie die Nachricht in das Archiv der PSA gekommen war- das
war kein Geheimnis. Jeder Agent trug einen besonders präparierten Ring,
der dann automatisch Impulse zu senden begann, wenn die Körpertemperatur
seines Trägers unter einen kritischen Punkt gesunken war, an dem das
Leben zu Ende ging.
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Im PSA-Hauptquartier in New York erreicht den geheimnisvollen Chef des
Geheimdienstes, X-RAY-1, die Nachricht vom Tod des Agenten X-RAY-14. Das
Todessignal stammt aus Dartmoor. Sofort informiert er Larry Brent, der sich
zur Zeit in London aufhält. Gemeinsam mit Chiefinspector Edward Higgins,
macht sich der PSA-Agent auf den Weg in das sagenumwobene Sumpfgelände.
Während sich Larry Brent um das Ablebens eines Kollegen kümmert,
untersucht Higgins den Ausbruch von 19 Sträflingen aus Englands sicherstem
Gefängnis. Doch die Rätsel sind noch viel verworrener, als die
beiden Kriminalisten zunächst annehmen. Die Leiche von X-RAY-14 wird
an einem berüchtigten Galgen inmitten des Sumpfes gefunden, die rechte
Hand wurde dem Agenten abgetrennt. Der PSA-Ring, der das Signal an die Zentrale
in New York weiterleitet entdeckt Larry in der Auslage eines
Antiquitätengeschäftes, der Selbstzerstörungsmechanismus hat
nicht angeschlagen. Wie passen aufgebrochene Särge, denen die Nägel
fehlen, der größte Gangsterboss Londons, der sein Quartier nahe
Dartmoor aufgeschlagen hat, und der exzentrische Sir Charles Parkinson ins
Bild?
Meinung:
Die verwinkelte, groteske und bisweilen sehr trashig anmutende Story wirkt
direkt einem "Edgar-Wallace-Film" entsprungen, übertrifft den
Einfallsreichtum der Filme aber noch um einige Nuancen. Dabei suggeriert
der Titel, dass es im Prinzip "nur" um einen Erhenkten geht, der vermutlich,
wie in Romanen dieser Zeit üblich, als Untoter durch die Gegend streift,
um Opfer zu finden. Doch dies wäre kein echter Larry-Brent-Roman, wenn
des Rätsels Lösung so einfach wäre. Leider erfährt man
über den verstorbenen Agenten X-RAY-14 so gut wie gar nichts, außer
dem Namen. Beeindruckend ist jedenfalls zu lesen, wie Dan Shocker die vielen
Charaktere und Handlungsfäden zu einem schlüssigen Ende
verknüpft. Auch die Auflösung des Falles dürfte den Leser
überraschen und bietet einen hervorragenden Einblick in den Ideenreichtum
des Autors. Der Aufbau der Storyline beginnt zunächst sehr verhalten,
ist aber bereits durchzogen von einer gänsehauterzeugenden Atmosphäre,
die durch den Schauplatz Moor noch verstärkt wird. Dass der
Selbstzerstörungsmechanismus des PSA-Ringes, eines hochwertigen
High-Tech-Produktes, ausgerechnet im Falle von X-RAY-14, defekt sein soll,
wirkt dagegen nicht unbedingt glaubwürdig. Das fällt bei diesem
spannenden Roman aber nicht allzu stark ins Gewicht. Gebannt verfolgt man
Zeile um Zeile, um zu sehen, wie die einzelnen Komponenten dieses Rätsels
aufgelöst werden und wer alles in das mörderischen Komplott verstrickt
ist. Fazit: Unheimlicher und klassischer Grusel-Krimi mit originellen
Einfällen und einem überraschenden Finale.
Besonderheiten:
Der Agent X-RAY-14, alias Archie Svenson, wird getötet.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Cover zeigt einen der Skelettköpfigen bei seinem unheiligen Tun.
Lonati zeigt auf dem Cover die wichtigsten Versatzstücke dieses
Grusel-Krimis. Allerdings wirkt die Gestalt etwas verloren vor dem
nächtlichen Panorama-Himmel. Der titelgebende Gehenkte im Hintergrund,
dem die rechte Hand fehlt, geht dabei ein wenig unter.
Coverbewertung: