Macabros Nr. 51: Skelettus, Fürst der Knochenburg

Macabros Nr. 51: Skelettus, Fürst der Knochenburg


"Ich habe Angst, ich habe... entsetzliche Angst, Doktor." Der freundlich aussehende Mann mit den graumelierten Schläfen hielt die schmale, weiße Hand fest. Die junge Frau wirkte bleich, ihre dunkelumrandeten Augen blickten nervös, und das schwarze, seidig schimmernde Haar ließ das zarte Gesicht noch blasser erscheinen, als es in Wirklichkeit war. Dr. Belman schüttelte den Kopf. "Sie brauchen keine Angst zu haben, Fräulein Sörgensen. Es ist keine schwierige Operation." "Ich wurde noch nie operiert." "Morgen früh kriegen Sie eine Beruhigungsspritze, danach fühlen Sie sich ausgeglichen und schläfrig. Und noch ehe Sie im Operationssaal sind, werden Sie schon schlafen." Dr. Thorwald Belman sprach beruhigend auf sie ein. "Was ist heutzutage schon eine Blinddarmoperation, Fräulein Sörgensen. Es besteht für Sie überhaupt kein Grund zur Beunruhigung. Alle Tests sind gut verlaufen, wir sind mit ihren Werten sehr zufrieden. Morgen nach der Operation werden Sie hier in Ihrem Bett aufwachen. Sie werden keine Schmerzen mehr haben. In einer Woche sind Sie schon wieder zu Haus." Anka Sörgensen seufzte. "Das alles hab ich mir auch gesagt, Doktor. Aber es nützt nichts. Die Angst geht nicht weg. Ich habe immer das Gefühl, ich könne nicht einschlafen, die Spritzen könnten vielleicht versagen..." "Aber nein, so etwas passiert doch nicht!" "Und dann kommt hinzu, daß ich panische Angst davor habe, daß ich auf der anderen Seite eben nicht aktiv, nicht wach bin, daß ich mich in einem künstlichen Schlaf befinde. Ich bekomme nicht mit, was um mich herum vorgeht. Dieser Gedanke macht mich krank. Andere sehen mich, andere hantieren an meinem Körper herum, schneiden ihn auf. Ich bin Fremden vollkommen ausgeliefert." Dr. Belman musterte die sechsundzwanzigjährige Patientin aufmerksam und doch unauffällig. "Ich bin doch verrückt, nicht wahr?" bemerkte Anka Sörgensen leise und mit dem Anflug eines Lächelns um ihre schön geschwungenen Lippen. "Auf der einen Seite fürchte ich mich, die Betäubungsspritze könne nicht wirken, und auf der anderen Seite hoffe ich es praktisch, weil ich mich nicht in fremde Hände ausliefern will, weil ich sehen will, was man mit mir macht. Der Schlaf, er ist dem Tod so erschreckend ähnlich... Ich rede wie eine Geisteskranke, was? Meine zwei verschiedenen Vorstellungen das ist doch fast schon Schizophrenie nicht wahr?" "Nein, das ist es auf keinen Fall. Sie sind verwirrt, Sie machen sich zuviele Gedanken Sie sind sehr sensibel das ist alles. Ich werde Ihnen die Schwester schicken, sie wird Ihnen noch ein leichtes Schlafmittel verabreichen. Sie sollten jetzt wirklich schlafen. Es wird alles gut werden. Sie brauchen überhaupt keine Angst zu haben..." Er drückte ihre Hand und ging aus dem Zimmer. Es machte ihm überhaupt nichts aus, daß er sich so lange in diesem Krankenzimmer aufgehalten hatte. Anka Sörgensen war eine bildhübsche Frau. Sie gefiel ihm. Er unterhielt sich gern mit ihr, aber sie war etwas überspannt. Damit mußte man bei Künstlern wohl immer rechnen. Die waren alle ein wenig exzentrisch. Anka Sörgensen moderierte im norwegischen Fernsehen eine eigene Show, sang, tanzte, und schrieb ihre eigenen Texte... "Ich werde Sie operieren. Es wird alles gut verlaufen, Sie können sich darauf verlassen!" Es waren die letzten Worte des jungen Chirurgen. Anka Sörgensen legte sich in die Kissen zurück, schloß die Augen und versuchte, die trüben quälenden Gedanken abzustreifen. Er irrt, fieberte es in ihr. Ich weiß daß er sich täuscht. Ich werde etwas ganz Schreckliches erleben... aber ich kann nicht mit ihm darüber sprechen, sonst muß er mich ja für verrückt halten! Sie wußte, daß diese harmlose Operation, die täglich unzählige Male in jedem Krankenhaus der Welt durchgeführt wurde, für sie einen entscheidenden Einschnitt in ihrem Leben bedeuten würde...


Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Nach seiner Flucht von Skyx wird Rani Mahay wieder zum Gefangenen des Schwarzmagiers Tamuur. Wochenlang muss der Inder als Sklave in den Minen schuften und Gestein abbauen. Darüber hinaus scheint Tamuur endlich am Ziel seiner Wünsche angelangt zu sein, denn Aleana erweist ihm freiwillig ihre Gunst. Sie will Rani sogar vor den Augen ihres Herrschers durch ein Schlangenmonster töten lassen. Nach einem mörderischen Kampf scheint der Inder tatsächlich zu unterliegen, doch Tamuur will das Ende gar nicht miterleben und widmet sich lieber einem Spaziergang durch seinen Schreckensgarten, der auch Chitra zum Schicksal wurde. Da erhält Rani von Aleana den lebensrettenden Tipp, denn das Schlangenmonster ist ein tierisches Geschöpf und damit empfänglich für die hypnotische Kraft des Inders. Daraufhin zeigt ihm Aleana einen Weg zur Flucht. Sie weist ihm den Weg zu Skelettus. Der Knöcherne ist der Herrscher über ein Volk von Skeletten. Einst waren es normale Menschen, doch nachdem sie sich von ihrem Gott abgewandt hatten ergriff Tamuur Besitz von dem Land und machte seine Bewohner zu Skeletten. Von da an müssen die Gerippe den Dämonen und Schwarzen Priestern dienen. Im Besitz des Knochenfürsten befindet sich ein Medaillon, welches die Macht Tamuurs zu brechen vermag. Rani schleicht sich heimlich in die Knochenburg, um das Medaillon zu finden. Skelettus gewährt dem Inder seine Unterstützung und warnt ihn zur selben Zeit, denn unter dem Einfluss des Totenkopfmondes werden die Skelette zu Killern, vor denen niemand sicher ist. In einer Nebenhandlung wird das Medium Anka Sörgensen vorgestellt, die sich in Oslo einer Blinddarmoperation unterzieht und dabei Visionen von Skeletten hat. Sie ahnt nicht, dass sie Skelettus und sein Volk bei ihrem Tanz beobachtet hat. Kurz darauf wird sie selbst kurzzeitig nach Ullnak transportiert und lernt dort Rani Mahay kennen. Anka ahnt langsam, dass sie ein Medium ist. Doch Molochos, der Dämonenfürst ist auf der Hut, und schickt eine Hexe aus, um Anka zu beseitigen....


Meinung:
Nach sieben Romanen, in denen das Schicksal Rani Mahays ungewiss blieb, geht es nun auch endlich mit dem Inder weiter. Wieder bekommt der Leser kaum Gelegenheit zu verschnaufen, denn die Ereignisse überschlagen sich geradezu. Aleanas Täuschungsmanöver nicht gar so überraschend, allerdings kann man die Hemmungen des Inders sehr gut nachvollziehen, als er Aleana niederschlagen soll, damit Tamuur keinen Verdacht schöpft. Der Sieg über das Schlangenmonster ist aber genauso unlogisch, wie Ranis Kampf mit der Riesenschlange auf Skyx (Mac 43). Zunächst heißt es jeder Kopf kann nur mit einer bestimmten Waffe getötet werden und später gelingt es Rani auch hier das Ungeheuer mit seinem Willen zu bannen. Ersteres deutet allerdings ganz klar auf eine dämonische Kreatur hin, welche Erfahrungs-gemäß nicht sehr empfänglich für Ranis Fähigkeiten sind. Aber gut, spannend war der Kampf allemal. Ebenso wie Ranis Exkursion in das Land der Skelette. Man darf gespannt sein, wie sich die Dinge im nächsten Band entwickeln und zuspitzen. Auch die Handlung um Anka Sörgensen vermag zu fesseln. Gekonnt beschreibt der Autor die Ängste und Zweifel, welche die junge Norwegerin befallen. Insbesondere die Szene, in der Anka einen Mann aus einem Gemälde steigen sieht geht unter die Haut. Auch der Krankenhausalltag und die medizinischen Abläufe werden korrekt wiedergegeben. Insgesamt gesehen eine gute Fortsetzung von Ranis Ullnak-Abenteuer, die schon im nächsten Band weitergeführt werden.


Besonderheiten:
Solo-Roman mit Rani Mahay.
Erster Auftritt von Anka Sörgensen.
Erster Auftritt von Skelettus.
Erster Auftritt von Dr. Thorwald Belman.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Lonati hat es wieder einmal verstanden, dass Geschehen des Romans perfekt wiederzugeben. Skelettus vor seiner Knochenburg, besonders beeindruckend ist das knöcherne Pferd gelungen.


Coverbewertung:
4 Kreuze