Occu Nr. 18: Der Guru mit dem bösen Blick

Occu Nr. 18: Der Guru mit dem bösen Blick


Die Menschen drängten sich auf dem Tansir-Markt am Ende der Vatan Caddesi in Istanbul. die Abend- sonne stand am Horizont und breitete ihre milden, goldenen Strahlen über die Tische und Stände, auf denen Obst, Gemüse und Fleisch zum Verkauf feilgeboten wurden. Stimmengewirr hing in der Luft: Harun Simbath zählte gerade sein Geld. Plötzlich blendete ihn die Sonne. Er blickte hoch. Ein gellender Schrei entrang sich seinem Mund. Seine Augen weiteten sich entsetzt. Vor ihm teilte sich die Menschenmenge. Ängstlich stoben Männer, Frauen und Kinder auseinander. Einige Frauen kreischten und warfen sich zu Boden. Hochaufgerichtet schritt ein hagerer Mann in wallendem Gewand mit weißem, langem Haar und einem dichten Bart heran. Er hatte seine Hände zum Himmel erhoben und starrte unverwandt auf Harun Simbath. Dieser bemerkte sofort, daß es die unheimliche Gestaltlauf ihn abgesehen hatte. Er begann nach Luft zu ringen. Verkrampft hielt er sich an einem Holztisch fest. Ein Schuhputzer trat dem Fremden in den Weg und sagte: "Was suchst du hier auf dem Markt? Du bist doch ein Mönch!"


von Hademar Bankhofer, erschienen im Juli 1977, Titelbild: Bracci