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Dieses Band ist ein Nachdruck der zwei Romanhefte:
Professor Zamorra Nr. 66: Dämonenrache
(Romanheft)
Schweißgebadet erreichte Doktor Pierre Briand sein Haue. Er schloß
sämtliche Türen hinter sich ab, lief in sein Arbeitszimmer, setzte
sich hinter den Schreibtisch und vergrub das Gesicht in beide Hände.
Er hatte Angst. Todesangst! Die Mächte des Bösen waren ihm auf
der Spur. Abu Dschafar und seine Knechte. Er hatte sie herausgefordert, und
jetzt würden sie grausame Rache nehmen. Im letzten Augenblick war es
Doktor Briand gelungen, ein Telegramm an Professor Zamorra zu schicken. Aber
würde das Schreiben den Geisterjäger noch rechtzeitig erreichen?
Plötzlich klopfte es gegen die Tür. Dumpf hallten drei Schläge
durch das Haus. Sofort waren Doktor Briands Ängste wieder da. Mit zitternder
Hand nahm er den Browning aus der Schublade seines mit Papieren
überhäuften Schreibtisches. Er spannte und entsicherte die
sechsschüssige Pistole. Wieder klopfte es. Briand trat in den Hausflur.
"Wer ist da?" rief er. "Im Namen des Abu Dschafar", sagte eins Stimme,
"öffne!" "Nein!" schrie Pierre Briand. "Ihr kriegt mich nicht! Verschwindet
ich bin bewaffnet! Bei Gott, ich schieße, wenn ihr mich nicht in Ruhe
laßt." "Ich komme jetzt zu dir, Pierre Briand." Die Stimme sprach
Französisch, eine der Hauptumgangssprachen Tangers. Dr. Briands Augen
weiteten sich, als eine Hand durch die geschlossene Tür griff. Eine
zarte, kleine, gepflegte Frauenhand. Ein Arm schob sich nach, an dem billige
Modeschmuckreifen klirrten. Dann trat die Gestalt durch die Tür. Dr.
Briands Zähne schlugen klappernd aufeinander, obwohl die Gestalt, die
vor ihm stand, gar nicht so fürchterlich war. Es war ein
Berbermädchen, einsechzig groß etwa, braunhäutig, schwarzhaarig
und dunkeläugig. Das Mädchen war hübsch. Es war nicht älter
als Zwanzig und trug eine helle Bluse und einen billigen Leinenrock, wie
man ihn in jedem Basar erstehen konnte.
Professor Zamorra Nr. 67: Die Teufelskrake
(Romanheft)
Stürmisch kam der heiße Schirokko vom Südosten herauf. Wild
fuhr er auf die Klippen der kleinen sizilianischen Inseln zu. Aber zuvor
peitschte er das Meer auf, bohrt sich bis hinunter auf den Grund und schien
die gischtende See vom Boden her hochzuheben und in die Luft zu schleudern.
Die Männer in den Booten kannten das. Sie waren die Todesgefahr
gewöhnt. Drei Fischer hockten in dem kleinen Boot. Der alte Luigi Tresi
mit seinen Söhnen. Alberto, das war der Älteste. Und der jüngste
hörte auf den Namen Simone. Sie jagten den Thunfisch, sie wussten, wo
weiter draußen die riesigen Schwärme der Schwertfische standen.
Aber heute wurden sie selber gejagt. Nicht nur vom Sturm, der seine Fänge
über Meer und Boot ausstreckte. Der junge Simone sah das Schreckliche,
das Unglaubliche, als erster. "Padre!" schrie er aus. "Vorsicht!" Alle blickten
gespannt in die Richtung, in die sein Arm zeigte. Da sahen sie es. Durch
die hohen Wellenberge glitt ein riesenhafter schwarzer Körper. Schon
war er heran. Wie die Greifer eines Baggers wühlten sich die Arme des
Kolosses durchs Wasser. Und plötzlich griff einer dieser gewaltigen
Arme nach dem Boot! Ein weiterer Arm folgte. Und dann die Schreie der
Männer. Schreie aus Todesfurcht und Entsetzen, Die Arme des Ungeheuers
rissen das Boot an sich, schlangen sich um den schlanken Holzleib, der halb
ins Wasser getaucht war. Die Planken barsten unter dem gewaltigen Druck dieser
Arme. Boot und Männer wurden zerquetscht wie eine Nussschale. Nur Luigi
Tresi, der Vater, konnte sich retten. Er sah das Ungeheuer, und er glaubte,
in die Hölle hineinzusehen. Er sah einen Wellenberg herankommen. Da
sprang er. Er glaubte, mitten ins Land des Todes zu stürzen. Denn unter
dem Meer schien sich die Erde aufzutun. Das Unfassbare war geschehen. Ein
Monster, schwarz und unbesiegbar, hatte Boot und Söhne
vernichtet.