Professor Zamorra Nr. 464: Die grüne Göttin
Als Ben Smith die Wohnung verließ, um sich in seiner Stammkneipe den
gewohnten Gute-Nacht-Trunk zu gönnen, ahnte er nicht, daß dies
sein letzter Ausflug werden würde. Vergnügt vor sich hin pfeifend
trat er auf den Gehsteig hinaus und marschierte die fünfhundert Meter
in die zweite Parallelstraße. Daß es dort fast stockdunkel war,
weil die Straßenlampe seit Tagen defekt war und die Smogschicht über
Baton Rouge kein Sternenlicht durchließ, störte ihn nicht. Er
hatte jetzt ja nur noch ein paar Dutzend Meter zurückzulegen. Er stolperte
über etwas, kam beinahe zu Fall und sah sich das Hindernis genauer an.
Unwillkürlich stöhnte er auf. "Wieso ich?" murmelte er. "Wieso
muß ausgerechnet ich sowas finden?" Vor ihm lag der Körper eines
Toten. Und ein paar Sekunden später war Ben Smith selbst tot!
von W. K. Giesa, erschienen am 10.03.1992, Titelbild: Nicolai Luthohin
Rezension von
Wolfgang
Trubshaw:
Kurzbeschreibung:
Zamorra und Nicole befinden sich nach wie vor in Amerika, wo sie eigentlich
schon am Anfang des letzten Hefts nach Rob Tendyke suchen wollten, dann aber
durch einen neuen Fall zwischenzeitlich in El Paso festgehalten wurden. Nun
sind sie auf Robs Spuren nach Baton Rouge weiter, wo ihnen wieder ein Fall
dazwischen kommt, nämlich die Vorfälle um Shedo in diesem Heft.
Shedo ist eine Göttin von Wesen, die schon vor langer Zeit auf der Welt
lebten, aber vor den Ewigen, die damals noch sehr präsent ihre Unterjochung
ausübten, quasi in den Untergrund verschwunden sind. Die Wesen selbst
treten in der Form von Skeletten auf, die alle paar Hundert Jahre einen neuen
Körper übernehmen, indem sie einfach in die Körper ihrer Opfer
schlüpfen, und dessen eigenes Skelett quasi aus dem Körper
drängen. Mit diesem frischen Körper kehren sie dann in die Welt
der Göttin Shedo zurück, wo diese die nächsten Jahrhunderte
vampirartig von deren Kräften zehren kann. An jedem Ort so eines
Körperraubs bleiben somit eine knochenlose Fleischhülle des alten
Körpers und das Skelett des neuen Körpers zurück. Zamorra
stolpert zufällig knapp nach so einer Übernahme über diese
Vorfälle, wie auch die Polizei, mit der zusammen Zammy und Nicole sich
dieser Sache annehmen...
Meinung:
Ich war etwas hin und her gerissen zwischen drei und vier Kreuzen, schlussendlich
sind es dann aber doch "nur" drei geworden. Es gibt einige Dinge an diesem
eigentlich sehr spannenden Heft, die einen etwas bitteren Nachgeschmack
hinterlassen. So wird Zammy etwa wie bereits im Heft davor wegen seines Dhyrras
für einen Ewigen gehalten, und obwohl dieses Missverständnis in
diesem Heft logischer und glaubwürdiger daherkommt, ist es dennoch ein
Autorentrick, den sich Giesa gleich in zwei aufeinanderfolgenden Heften zu
bemühen genötigt gesehen hat. Weiters gibt es im Heft einen Polizisten,
der mit Fortdauer des Abenteuers dem Leser immer sympathischer wird, am Schluss
aber schnell mal lieblos über die Klinge springt, noch dazu ohne dass
Zammy darüber arg betroffen scheint. Die Geschichte selbst liest sich
anfangs vom Erzähltempo so, dass man sich eigentlich eine Aufklärung
des Falles noch in diesem Heft erwartet, aber gegen Mitte scheint Giesa
entschieden zu haben, daraus doch mehr zu machen. Auch gibt es eine Art kleinen
Logikfehler, nämlich dahingehend, dass thematisiert wird, dass die
gefundenen Skelette der Opfer mit den am gleichen Ort gefundenen
Körperhüllen der früheren Opfer nicht zusammen passen, weil
Statur und Größe nicht erlauben, das Skelett in dem Körper
zu haben, aber dass ja auch dadurch eine Diskrepanz zwischen den Skelettwesen
selbst und Körpergröße bzw. -statur ihrer jeweiligen neuesten
Opfer besteht, lässt der Autor unter den Tisch fallen.
Besonderheiten:
Erster Auftritt von Shedo und ihrem Dienervolk.
Shedo gelangt in den Besitz eines Dhyarra-Kristalls, den einer ihrer Diener
Zamorra raubt.
Man erfährt, dass Julian Peters (den zu suchen Rob und die Zwillinge
sich aufgemacht haben) in Baton Rouge war, wo er Angelique Cascal, die Schwester
von Yves, aka l'ombre, mit sich genommen hat.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Eines der etwas ausführlicher gestalteten Cover Lutohins. Die
türkishäutige Dame links ist Shedo, mit viel Fantasie könnte
man den Herren rechts als einen ihrer Diener vor dem Körpertausch
interpretieren, obgleich die seltsame Waffe nie erwähnt wird, ebenso
wenig die Frau. Die Szene als solche kommt im ganzen Heft nicht vor, könnte
bestenfalls der Traum von Pearly Grissom oder Nicole sein, über dessen
Details man im Heft selbst nie wirklich viel erfährt. Aber wenigstens
auf die linke Bildhälfte, also Shedo, ist Giesa im Heft genau
eingegangen.
Coverbewertung: