Professor Zamorra Nr. 478: Der Friedhof der Lebenden
Als Wendy Nichols den nächsten Schritt machte, schoß die schwarze
Limousine aus der Nebenstraße heran und stoppte unmittelbar neben der
jungen Frau. Die Türen des Wagens flogen auf, und zwei Männer,
die Gesichter von Totenschädelmasken verdeckt, sprangen hervor. Instinktiv
schrie Wendy um Hilfe. Aber schon zischte ihr der Strahl eines schnell wirkenden
Betäubungsgases entgegen. Ehe sie begriff, was mit ihr geschah, sank
sie schon benommen in die Arme der beiden Männer. Sie zerrten sie in
den Wagen, der sofort scharf anfuhr. Augenblicke später verschwammen
seine Umrisse. Er löste sich einfach in einer verwehenden Nebelwolke
auf. Für wenige Sekunden war noch das Motorgeräusch zu hören,
dann wurde es still. Die Limousine war verschwunden, als habe es sie niemals
gegeben...
von W. K. Giesa, erschienen am 22.09.1992, Titelbild: Gonzales
Rezension von
Wolfgang
Trubshaw:
Kurzbeschreibung:
Nach den Ereignissen der gerade beendeten Trilogie um den Silbermond traut
Zamorra dem Braten der vollständigen "Ungeschehenmachung" des
Silbermond-Paradoxons nicht. Er beginnt eine Rundreise zu Bekannten und
Kampfgefährten, um Informationen einzuholen, ob noch irgendwelche Nachwehen
der Ereignisse spürbar sind und denen aufgefallen wären.
Derart kommt er nach Florida um bei Tendyke nachzufragen. Selbiger ist zwar
ausgeflogen, aber die Peters-Zwillinge meinen, es sei hier soweit alles in
Ordnung. Zammy und Nicole reisen weiter nach Baton Rouge zu Ombre, und weil
die Zwillinge spüren, dass zufällig auch Julian Peters dort sein
muss, fahren sie gleich mit.
Der Träumer hat sich nämlich dorthin begeben, um seine Beziehung
mit Angelique Cascal wieder auf Schiene zu bringen, nachdem er sie aufgrund
seiner Teilnahme in der Silbermond-Trilogie doch sträflich
vernachlässigt hat.
Angelique selbst wird von einer losen Freundin um Hilfe gebeten, die eine
offenbar magische Entführung einer jungen Frau miterlebt hat. Jene Frau
wurde von einer Sekte entführt und auf dem Friedhof der Lebenden geopfert.
Sie bitte ihren Bruder Yves um Hilfe, der davon zunächst nichts wissen
will, bis plötzlich der Träumer bei ihr auftaucht.
Der Friedhof der Lebenden in den Sümpfen außerhalb Baton Rouges
birgt in seiner Erde eine Art von Para- und Lebenskräfte absaugende
Zombies, die vom Dämon Astardis dort für spätere Verwendung
"gebunkert" wurden. Durch den glücklichen Umstand, dass sich der
Träumer, der in der Silbermond-Trilogie Astardis übel vorgeführt
hat, auch in der Stadt ist, entscheidet sich Astardis dazu, den Friedhof
zur Falle für Julian zu machen.
Bei der Lösung des Falles kommen sich die Zwillinge, Julian, Yves Cascal
und Zammy & Nicole alle irgendwie gegenseitig zu Hilfe.
Meinung:
Das Heft lebt von den Soap-Opera-Szenen zwischen Yves, Angelique und Julian,
welche dem Autor (erschreckend) gut gelungen sind, speziell der Seelenzustand
der jungen Kreolin wird gekonnt geschildert. (Hätte nicht gedacht, dass
mich das Liebesleben einer 17-jährigen so zu fesseln vermag...)
>Ansonsten ist das Heft großteils zu vergessen. Anfangs wird viel
zu ausführlich das in der Silbermond-Trilogie Erlebte nacherzählt.
Auch die ganze Handlung um Astardis' Friedhof der Lebenden selbst ist reichlich
undurchdacht, das Ende leider äußerst überhastet. Auch wird
das "Lebenden" im Titel nicht wirklich erklärt; es sind zwar unübliche
parakraft-saugende Zombies, aber Zombies sind es dennoch, somit
<i>lebt</i> von denen auch keiner mehr.
Fast scheint einem, Giesa hätte krampfhaft irgendeine Geschichte verzapft,
nur um eine Begründung zu haben, all die im Heft auftauchenden Figuren
zusammenzubringen und sich dem Zwischenmenschlichen widmen zu können.
Dies ist zwar, wie bereits erwähnt, 3-4 Kreuze wert seiend gut gelungen,
aber der öde Rest (und das sind wohl mehr als die Hälfte der Seiten
in diesem Band) zieht die Gesamtnote wieder auf sehr durchschnittliche 2
Kreuze runter.
Besonderheiten:
Yves Cascal hat mit Julian Peters ein "klärendes Gespräch unter
Männern" bezüglich dessen Liebe zu seiner Schwester Angelique,
nach welchem Ombre sich entschließt, seine Schwester ihr Leben selbst
entscheiden zu lassen, er aber dem Träumer gegenüber nicht mehr
ganz so abneigend eingestellt ist.
Yves' und Zamorras Amulette werden zur Verstärkung kurz miteinander
verbunden. Dies gefällt nun dem WERDENDEN (wird ja einmal Shirona werden)
in Yves' Amulett Nummer Sechs überhaupt nicht, da ja in Amulett Nummer
Sieben von Zammy Taran steckt. Aber durch die jüngste Schwächung
des WERDENDEN kann es sich nicht dagegen wehren.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Dargestellt ist Wendy Nichols, das Opfer am Anfang des Romans, wie sie von
den Sekten-Typen auf dem Friedhof festgebunden wird, damit die Zombies sich
ihre Lebenskraft saugen können. Finde das Gemälde recht
annehmbar.
Coverbewertung: