Schattenreich Nr. 12

Schattenreich Nr. 12


"Hexenfluch" von Christian Schwarz
Nachdenklich starrte Peter Jones über die kleine Bucht. Seine Blicke galten Oxwich Manor. Der uralte Herrensitz derer von Oxwich erhob ich trutzig auf moosbewachsenen Klippen, genau auf der anderen Seite des Wassers. Und weil Peters Sitz etwas erhöht war, könnte er auch das restliche Gelände von Oxwich Manor gut überblicken. Er sah auf einen lang gezogenen, wunderbar gepflegten Park mit einem weißroten Fachwerkhaus darin. Das war seine Heimat von Kindesbeinen an. Peter seufzte leise und zog seine Knie fester ans Kinn heran. Die schönste Frau der Welt begehrte ihn. Er erwiderte ihre Leidenschaft - und war gerade deswegen ein äußerst unglücklicher junger Mann...

"Der Spiegel der Magini" von Mara Laue
Pete Carlyle war so vertieft in den Anblick der wunderschönen Abenddämmerung, während er joggend seine Runde um den Pontiac Lake am Rand von Detroit drehte, dass er beinahe die Frau umgerannt hätte, die plötzlich vor ihm stand. Die dunkelhäutige- indianische? indische?- Schönheit winkte einladend, und Pete folgte ihr wie hypnotisiert. Dabei schrie ein Teil seines Verstandes, dass hier etwas nicht stimmte. Die Frau führte ihn tief in ein Gebüsch zu zwei schattenhaften Gestalten, von denen eine ein Messer in der Hand hielt. Pete wollte fliehen, aber seine Beine gehorchten ihm, nicht. Im nächsten Augenblick wurde er mit unglaublicher Kraft zu Boden geworfen. Das Messer schnitt schmerzhaft in seine Haut. Er schrie, aber kein Laut kam über seine Lippen. Das Letzte, was er sah, bevor sie ihn ausbluten ließen und seine Lebensenergie aufsogen, waren riesige goldene Schlangenaugen - reglos, gnadenlos, mitleidlos: Dann umarmte ihn der Tod...


"Die Bestien von Sankt Petersburg" von Klaus Sollert
Der Anblick war Grauen erregend. Vier nackte Leichen lagen auf den Seziertischen. Menschliche Körper, die noch vor wenigen Stunden abstoßende Bestien gewesen waren. Kreaturen der Finsternis. Werwölfe! Besonders einer der Toten sah schrecklich aus. Er war durch einen Flammenwerfer getötet worden und der Leichnam befand sich in einem dementsprechenden Zustand. Tanja Marenkov blickte rasch zur Seite. Sie war zwar durch eine harte Schule gegangen, als sie dem FSB- dem Nachfolger des KGB-beigetreten war, aber ihr Mitgefühl hatte darunter nicht gelitten. Darauf war sie sogar ein wenig stolz. Es gab schon genug Menschen, die ohne jegliche Skrupel über Leichen gingen. Plötzlich spürte sie den beruhigenden Druck einer starken Hand auf ihrer Schulter. Es war Roger Morton, der ihr auf  diese Art und Weise beistehen wollte.


erschienen am 15.03.2005, Titelbild: Luis Royo