Silber-Grusel-Krimi Nr. 316: Horror-Klinik
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Jim Shavers ging durch den langen Korridor des Sanatoriums. Freundlich
grüßend eilten Schwestern an ihm vorbei. Jim kannte sich aus.
Er war zum vierten Mal hier. Seit einer Woche lag Miriam, seine Frau, hier.
Sie hatte einen Nervenzusammenbruch erlitten, und der Hausarzt hatte sie
in Doktor Tenners Klinik einweisen lassen. Miriam sollte sich ausruhen und
ein paar Tage entspannen. Doc James Tenner war berühmter Spezialist
für Erkrankungen der Nervenwege. Miriam ging es auch zusehends besser.
Ein paar Tage noch, so hatte Tenner zu Jim gesagt, und seine Frau sei soweit
wieder hergestellt, daß man die Behandlung auch zu Hause weiterführen
könne. Frohen Mutes klopfte Jim an das Zimmer mit der Aufschrift 4003.
Miriam Shavers lag auf der Privatstation von Doc Tenner. Jim konnte es sich
leisten, denn seine Geschäfte florierten ausgezeichnet. Er trat über
die Schwelle. Lächelnd schloß er die Tür und schritt auf
das Bett zu. Miriam hielt die Augen geschlossen. Ihr Gesicht war friedlich
und entspannt.
von W.J. Tobien, erschienen am 07.10.1980, Titelbild: ???
Rezension von
Wondina:
Kurzbeschreibung:
Seltsame Vorkommnisse lassen gleich mehrfach die Polizei zur privaten
Nervenklinik von Dr. James Tenner ausrücken: Ein bislang nicht
auffällig gewordener Patient stürzt sich aus dem Fenster, eine
genesende Frau bricht ihrem Ehemann beim Besuch das Genick, ein als harmlos
eingestufter Patient randaliert in wilder Wut. Der ermittelnde Staatsanwalt
schleust zu Ermittlungen einen Freund in die seltsame Klinik ein, den jungen
Playboy Hugh Kinlay, der ein paar Jahre Medizinstudium hinter sich hat. Kaum
hat Kinlay einen Posten als Doktor bezogen, geht es in der Klinik auch schon
rund. Ein Toter verlässt die Leichenhalle, erschrickt eine Krankenschwester
und kann nach Flucht nur gegen wildeste Gegenwehr von einer Polizeistreife
gestellt werden. Überall im Gebäude revoltieren kurz darauf immer
wieder Patienten und laufen Amok. Für den Undercover-Ermittler Kinlay
ist allerdings etwas anderes noch viel gefährlicher: Dr. James Tenner,
der hinter allem steckt und seine geheimen Experimente um alles in der Welt
fortsetzen will.
Meinung:
Acht Romane hat Autor W.J. Tobien innerhalb der Silber-Grusel-Krimis verfasst,
dies ist der erste der mir in die Hände fiel. Ich hatte mir mehr davon
versprochen, denn ich kenne von Tobien einige durchaus gelungene
Grusel-Kurzgeschichten, die in seinem Zauberkreis-Taschenbuch "Die grauenvolle
Nacht" erschienen. Dort bewegt sich Tobien im Genre der kleinen Gruselstories
mit Pointe, wie sie in den USA große Vorbilder wie Robert Bloch zur
Perfektion brachten. Auch in einigen Ausgaben von Luther's Grusel Magazin
war Tobien mit Stories vertreten. Dieses Romanheft bleibt stilistisch und
inhaltlich meilenweit dahinter zurück. In uneleganter Sprache und mit
einigen Stilblüten erzählt Tobien die einfallslose Geschichte eines
Mad Scientist, dessen Gen-Experimente schiefgehen und der aus seinen Patienten
Zombies macht. Seine Beweggründe sind genauso fadenscheinig wie die
wissenschaftlich komplett idiotische Theorie der "Gen-Verpflanzung". Na gut,
wir sind hier in einem Groschenheft und nicht bei Michael Crichton, aber
ein bißchen mehr Glaubwürdigkeit und vor allen Dingen Spannung
hätten dem Heft gut getan. So wohnt der Leser nur dem andauernden Gerangel
des lässigen Helden mit einem durchgeknallten Wissenschaftler bei,
während im Hintergrund Zombies durch die Klinik wanken. Hm, irgendwie
klingt diese Zusammenfassung viel besser als der Roman in Wirklichkeit war.
Besonderheiten:
An einer Stelle hat es mir fast die Schädelplatte gehoben: Eine
Krankenschwester geht zu Bett und beschließt noch ein paar Seiten zu
lesen, in "Der Butt"! Wie bitte? In einer Nervenklinik in Amerika? Ach so:
"Das war eine ziemlich schwere Lektüre, aber sie hatte schon immer ein
Faible für die deutsche Literatur gehabt, und die Übersetzung ins
Amerikanische sollte ziemlich genau sein". Hier wird es W.J. Tobien wohl
irgendwie gejuckt haben, das drei Jahre zuvor erschienene Buch seines
Hochliteratur-Kollegen Günter Grass auftauchen zu lassen. Ob er es gelesen
hat? Es treffen zwei Welten aufeinander, die nicht weiter voneinander entfernt
sein könnten.
1 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Dem Zauberkreis-Redakteur, der diese Agentur-Illustration für das Titelbild
der "Horror-Klinik" ausgewählt hat, muss wirklich alles egal gewesen
sein. Hier gibt es absolut keinerlei Zusammenhänge und
Übereinstimmungen. Während im Roman blasse Zombies durch eine Klinik
schlurfen, sind hier ein Werwolf und eine Halbnackte auf einer Opferbank
zu sehen. Das ist schon als Leserbeleidigung einzustufen. Hätte man
doch nur das Titelbild von Occu
Nr. 10, "Das
Haus der sprechenden Toten" genommen, das passt nämlich wie Faust aufs
Auge! Ich vergebe trotzdem drei Kreuze, denn das Bild ist technisch und
atmosphärisch recht gut. Es hat zwar keine Signatur, könnte vom
Stil her aber ebenfalls von Bracci sein.
Coverbewertung:
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Der Werwolf war auch schon auf dem John Sinclair Jubiband Nr. 22, ......
...... dem amerikanischen Comic-Magazin EERIE Nr. 50 ......
...... und dem Titelbild des Gespenster-Krimis Nr. 542 abgebildet: