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Der Tod ist ein Schlüssel. Er öffnet eine Tür. Und er hält
ein Geheimnis verschlossen. Es gibt ein anderes Leben als das der Bewegung.
Es gibt eine andere Bewegung als die des Lebens. Ich mußte sterben,
um zu leben. Und noch etwas wurde mir mit jeder Stunde klarer: Etwas hatte
von mir Besitz ergriffen. Ich mußte von ihm Besitz ergreifen. Das war
der drängendste Gedanke - der Gedanke, der mich am meisten mit Ruhelosigkeit
erfüllte. Das alles könnte ich zusammenfassen als das Ergebnis,
von Alpträumen, Grübeleien, panischen Angstzuständen und
Augenblicken einer tranceartigen Sicht in seltsam entrückte Regionen,
die mit dem imminenten Gefühl des Todes verbunden waren. Wer kennt nicht
den Traum, in dem man vor etwas Grauenhaftem fliehen will und gelähmt
ist? Es ist der Traum der Blume in uns. Jahrmillionen alt. Die Urangst des
Bewegungslosen - vererbt aus einer Zeit, da der Mensch und sein Geist selbst
noch Traum waren. Aber für mich gab es Augenblicke, da war es kein Alptraum,
sondern Realität. Da vermochte ich nicht den kleinsten Muskel zu bewegen.
Minutenlang lag ich wach und vollkommen gelähmt, erfüllt von fremden
Gedanken, von fremdem Flüstern, von fremden Visionen, von Kräften,
die mich schaudern ließen und gleichzeitig faszinierten. In diesen
Tagen auf dem Krankenlager schlüpfte ich wie eine Schlange aus einer
Haut - geistig. Ich streifte alte Erfahrungen und was ich daraus gelernt
hatte ab und machte mich frei für völlig neue Erfahrungen. Und
es schien in der Tat so, als bliebe das Krankenhaus auf lange Sicht unser
Gefängnis.