Vampir-Horror-Roman Nr. 300: Wölfe der Finsternis

Vampir-Horror-Roman Nr. 300: Wölfe der Finsternis


Am Anfang verspürte Margit Rathje nur eine ungewisse und irgendwie unerklärliche Furcht, die sie veranlasste, ihre ohnehin hastigen Schritte noch mehr zu beschleunigen. Sie wußte auch nicht, weshalb sie sich häufiger als an den vorangegangenen Abenden umschaute und den bereits zurückgelegten Teil der Straße mit den Blicken absuchte. Erkennen konnte sie nichts. Jedenfalls nichts, was ihr nicht schon vorher hätte auffallen müssen. Dichte verfilzte Buchenhecken schirmten die einsam daliegenden Vordergärten gegen neugierige Blicke von außen ab. Die Häuser, von denen ohnehin nur die Umrisse zu erkennen waren, wirkten wesenlos und abweisend wie tote Steinklötze. In den Vorgärten kauerten Büsche, die im kalten Licht des Mondes ihre Zweige wie bizarre Auswüchse in den Himmel reckten. Gnomenhaft und in abwartender Stille lauerten sie, und keine Bewegung der Frau schien ihnen zu entgehen. Die Straße, die Margit benutzte, war typisch für einen Hamburger Vorort. Eine Doppelreihe von Betonplatten befestigte das Trottoir, welches von dem dichten Blätterdach der alten Linden fast völlig beschirmt wurde. Das Kopfsteinpflaster glänzte wie poliert. Durch das Dach der Laubkronen drang das Mondlicht nur sporadisch. Vereinzelt überwog auch die diffuse Beleuchtung der altmodischen Gaslaternen. Unter Margits dahineilenden Sohlen knirschten einzelne Kieselsteine und Sand. Dieses Geräusch erschien ihr plötzlich überlaut, und unwillkürlich verlangsamte sie ihren Schritt. Schließlich blieb Margit stehen, um sich erneut umzuschauen. Aber das Geräusch, welches ihr vorher Angst gemacht hatte, war immer noch zu hören, obwohl auch das eilige Klappern ihrer Absätze verstummt war. Es waren fremde Geräusche -jemand verfolgte sie! Eine schemenhafte Bewegung verriet Margit, daß der Verfolger blitzschnell hinter einen Baum gehuscht war.


von Miles Greene, erschienen 1979, Titelbild: Sebastia Boada