Vampir-Horror-Roman Nr. 302: Dämonen der Tiefe

Vampir-Horror-Roman Nr. 302: Dämonen der Tiefe


Als Cathleen Devlin nach Hause ging, verstopfte bereits dicker, feuchter Nebel die Straßen. Seit dem Einsetzen der Dämmerung war er aus den Kanälen emporgestiegen und hatte sich bis in die hintersten Winkel der Gassen vorgetastet. Hier verharrte er zäh und klebrig und nahm noch zu, obwohl die Luft durch keinen Hauch bewegt wurde. Er wuchs einfach so. Die Menschen hatten sich verkrochen. Niemand war an diesen Abenden gern auf der Straße, denn die Luft war schwer und legte sich beklemmend auf die Bronchien. Nur Cathleen war unterwegs. Sie schickte sich an, eine kleine Brücke zu überqueren. Danach benötigte sie nur noch zehn Minuten, und die Mint Highway war erreicht. Stanley Fenton, ein junger Psychologe, mit dem sie seit einem Jahr das Appartement teilte, wartete sicher schon ungeduldig. Unwillkürlich beschleunigte sie ihre Schritte. Früher hatte sie den Weg über die kleine Brücke stets genossen wie ein Pferd, das den Stall wittert. Aber heute war da eine lauernde Unruhe, die sie vorwärts trieb und sie weder nach links noch nach rechts schauen ließ. Schließlich hatte Cathleen den Wunsch, zu laufen. Das Geräusch ihrer klappernden Absätze wurde hektischer, die Schritte wurden größer und die Abstände zwischen ihnen kleiner. Trotzdem schien sie keinen Zentimeter zurückzulegen. Jetzt reichte es ihr. Cathleen drehte sich um und - blieb stocksteif stehen. Das war nicht mehr London! Das war auch nicht mehr die gewohnte Brücke und schon gar nicht die gewohnte Gegend. Hatte sie sich verlaufen? Unmöglich! Aber warum war dann plötzlich alles so anders? Wo waren die Häuser geblieben, und was war aus der Themse geworden? Cathleen befand sich auf einem kleinen, wackeligen Steg, eher einer Planke, die über ein sumpfiges Flüsschen mit schilfbewachsenen Ufern führte.


von Miles Greene, erschienen 1979, Titelbild: JAD
Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Das JAD-Motiv stammt ursprünglich vom Cover des spanischen Magazins RUFUS Nr. 54:

RUFUS Nr. 54


Und auch auf dem australischen Comic-Magazin SORCERY Nr. 2 war das Motiv schon abgebildet:

SORCERY Nr. 2