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Die Dämmerung brach herein. Über die Wipfel der Bäume hinweg
sah Dr. Reza Hedajat, wie die Sonne sich ihrem Untergang zuneigte. Der Abendwind
trug den süßen Duft von den riesigen Rosengärten herüber.
Der westliche Himmel war in purpurne Glut getaucht, die hier und da mit goldenen
oder noch glühenden roten Flecken und mit zarten silberweißen
Wölkchen durchsetzt schien. Nahe dem Zenit zu, wohl über der westlicher
liegenden Stadt Schiraz, hatte der Himmel die grünliche Färbung
des Abends angenommen, wie es in der wonnigen Zeit Ende Mai häufig vorkam.
Fleischfarbene, zartrosa umränderte Wolken schwammen im klaren Äther,
schon tauchte ein einzelner zitternder Stern am Firmament auf. Dr. Hedajat
genoß wollüstig den Reiz der Stunde und des Ortes. Er malte sich
aus, wie köstlich sich die Schätze, die er hierher nach Persepolis
gebracht hatte, an dieser Stätte ausmachen würden. Sie würden
die ehemalige Hauptstadt des Weltreiches der Achämeniden, die eine der
interessantesten und großartigsten Ruinenstädte der Welt ist,
um noch einige Attraktionen reicher machen. In den letzten 30 Jahren fand
man bei Persepolis Spuren, die auf eine Zivilisation schon 4000 Jahre vor
der Zeitenwende schließen ließen. Wie herrlich würde da
z. B. der kleine Fravashi an diese Stelle passen; eine Skulptur, die der
Kunsthistoriker Dr. Reza Hedajat auf 3000 Jahre schätzte. Hedajat schaute
sich um. Er hatte sich schon gleich nach seiner Ankunft überlegt, wo
er die herrliche Statue platzieren sollte, denn dieser Artefakt war ihm besonders
lieb, war ihm sozusagen ans Herz gewachsen. Und das aus mehr als einem
Grund!